Moral und Knochensäge
Trumps Anbiederung an die Saudis zeugt von Zynismus.
Gerade habe ich mit dem Kronprinzen von SaudiArabien gesprochen, der jede Kenntnis komplett bestreitet“, erklärt Donald Trump nach einem Telefonat mit dem mächtigen Thronfolger Mohammed bin Salman. Dem Ehrenwort autoritärer Männer glaubt der US-Präsident nur allzu gerne. Schlimmer noch: Im Falle des offenkundig getöteten Journalisten Jamal Khashoggi macht Trump den mutmaßlichen Täter zum Opfer und warnt vehement vor einer Vorverurteilung des despotischen Wüsten-Prinzen. Das lässt erahnen, wie die „gründliche Untersuchung“des wahrscheinlichen Mordkomplotts ausgehen dürfte: ein paar Handlanger werden bestraft, ihre Auftraggeber bleiben im Dunkeln, und die seit eh und je laufenden Geschäfte mit dem Waffenkunden und Öllieferanten Saudi-Arabien gehen munter weiter.
Man muss einen Moment innehalten, um den Zynismus dieser Politik zu erfassen. Ein Mensch wird buchstäblich ausgelöscht, auf europäischem Boden. Sein Verbrechen: Khashoggi hatte in seinen Büchern und Kolumnen den repressiven Kurs des 33-jährigen Thronfolgers und die anbiedernde Trump’sche Außenpolitik kritisiert. Doch zu groß sei das saudische Königreich, zu dominierend in der Region, um die Verbindungen abzubrechen, argumentieren westliche Regierungsvertreter. Doch es gibt einen Unterschied zwischen einer kritisch-distanzierten Zusammenarbeit bei gemeinsamen Interessen und einer von purer Geldgier getriebenen, wertefreien Kumpanei. „Die Saudis kaufen Appartements für 40 bis 50 Millionen Dollar von mir. Ich mag sie sehr“, hat Trump schon 2015 eingeräumt.