Jedes 100. Kind in Kärnten wird aus der Familie weggebracht.
Laut Volksanwaltschaft hat Kärnten den höchsten Wert an Fremdunterbringungen. Jetzt werden Gründe untersucht. Ambulante Maßnahmen müssten ausgebaut werden.
Der Wert ist – neben Wien und der Steiermark– der österreichweit höchste: In Kärnten muss fast jedes hundertste Kind fremduntergebracht werden. Das bedeutet Alltag bei Pflegeeltern, in Heimen oder in einer Wohngemeinschaft statt in der eigenen Familie, wo es Gewalt, Missbrauch oder Verwahrlosung gibt. Auf diesen hohen Wert machte zuletzt Volksanwalt Günther Kräuter bei seinem Kärnten-Besuch aufmerksam. Die Gründe, warum Kindesabnahmen bzw. Fremdunterbringungen in Kärnten so häufig vorkommen, werden jetzt erforscht. Das bestätigt Christine Gaschler-Andreasch, zuständig für Kinder- und Jugendhilfe in der Sozialabteilung des Landes.
Sie verweist auf die Statistik 2017 mit sehr vielen Gefährdungsmeldungen in Kärnten. „Vielleicht sind wir hier in Sachen Kinderschutz sehr sensibel. Vielleicht gibt es immer mehr Meldungen aus Kindergärten, Schulen, von Nachbarn“, so Gaschler-Andreasch, die Kärnten im Mittelfeld sieht.
Nach Meldungen erfolge die Gefährdungsabklärung nach dem Vier-Augen-Prinzip durch Sozialarbeiter und/oder Psychologen, es gebe Gutachten, Befunde, Gespräche mit Beteiligten. Erst danach erfolge, wenn notwendig, die Fremdunterbringung von Kindern und Jugendlichen. Sind diese unter zehn Jahre alt, so gibt es KrisenPflegefamilien, wo die Kinder maximal drei Monate bleiben. 50 Prozent kommen zurück zur eigenen Familie, weil parallel
mit den Eltern gearbeitet werde, skizziert Gaschler-Andreasch den Weg. 2017 seien insgesamt 1127 Kinder und Jugendliche in der vollen Erziehung außerfamiliär untergebracht gewesen, davon
847 in sozialpädagogischen Einrichtungen und 280 bei Pflegefamilien. Wobei die Volksanwaltschaft auch aufzeigt, dass in Kärnten der Anteil jener Kinder (62) hoch sei, die außerhalb des Landes fremduntergebracht seien. Die Erklärung von Gaschler-Andreasch: Viele Kinder aus Oberkärnten kommen ins SOS-Kinderdorf in Osttirol. Die Eltern haben es für die Wochenendbesuche dorthin näher als etwa nach Wolfsberg. Umgekehrt seien über 60 Kinder aus anderen Bundesländern in Kärnten untergebracht.
Ein Ansatz der Volksanwalt- schaft ist es, „dass durch ein erweitertes Angebot an ambulanten familienunterstützenden Maßnahmen alles daran zu setzen ist, Fremdunterbringungen nach Möglichkeit zu verhindern.“Ähnlich lautet auch der Vorstoß von Kinderanwältin Astrid Liebhauser. Von Landesseite wird darauf verwiesen, dass in Kärnten 2017 der Anteil an ambulant-mobilen Unterstützungsmaßnahmen österreichweit am stärksten gestiegen sei: um 15 Prozent auf 2428 Kinder und Jugendliche.
Gelobt wurde Kärnten zuletzt für eine spezielle Versorgung: Junge Erwachsene (über 18 und unter 21 Jahre) können in WGs oder betreuten Wohnungen bleiben, sofern sie noch in der Schul- oder Berufsausbildung sind. Da sei Kärnten führend.