Der Widerstand wächst
In London ziehen eine halbe Million Menschen für ein zweites Votum über den Brexit durch die Stadt. Druck auf die Regierung ist groß.
Eine halbe Million Menschen haben auf einem Marsch mitten in London ein zweites Brexit-Referendum gefordert. Ursprünglich war die Kampagne „People’s Vote“nur von etwas mehr als 100.000 Menschen ausgegangen. Die Demonstranten aus allen Teilen Großbritanniens sind der Meinung, dass die Bürger in Großbritannien über ein finales Abkommen zum EUAustritt sollten abstimmen dürfen.
Die Demonstranten zogen vom Londoner Hyde Park in Richtung Parlament. Der Slogan der Veranstaltung, „People’s Vote March“(„Marsch des Volksvotums“), bezieht sich auf das geforderte zweite Referendum.
Teilnehmer der Kundgebung begründeten die Forderung damit, dass die Bürger bei dem letztlich erfolgreichen ersten Brexit-Referendum vor zwei Jahren über die
Folgen getäuscht worden seien. „Die Bürger sind in mehrerlei Hinsicht irregeführt worden“, sagte der Demonstrant Peter Hancock. Der Brexit werde in der Realität anders aussehen, als es sich viele Wähler erhofft hätten. Die Briten hatten sich in einem Referendum im Juni 2016 knapp für den Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union ausgesprochen. Der Austritt soll bis Ende März 2019 vollzogen sein.
Viele Demonstranten nahmen weite Anreisen auf sich, etwa von den mehr als 1000 Kilome- ter entfernten Orkney-Inseln vor der Nordküste Schottlands. An dem Protestzug bei viel Sonnenschein beteiligten sich auch EU-freundliche Abgeordnete der regierenden Konservativen und Londons Bürgermeister Sadiq Khan von der Labour-Partei. Auch der Schriftsteller Ian McEwan hatte Geld gespendet, um Busse zu finanzieren, die die Demonstranten in die britische Hauptstadt bringen. Auch der irische Musiker Bob Geldof hat sich dem Protest angeschlossen.
Die Verhandlungen zwischen London und Brüssel sind ins Stocken geraten. Die britische Premierministerin Theresa May steht gleich von mehreren Seiten unter Druck, auch in ihrer eigenen konservativen Tory-Partei. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich London ohne Abkommen von der europäischen Staatengemeinschaft löst. Dies würde Folgen für alle Lebensbereiche haben und voraussichtlich zu wirtschaftlichen Einbußen führen. Viele Unternehmen treffen bereits Vorkehrungen. Zuletzt mehrten sich in Großbritannien die Stimmen, die ein neues Referendum fordern.