Kleine Zeitung Kaernten

Neos: Saudi-Zentrum schließen

Das Abdullah-Zentrum in Wien ist seit der Gründung umstritten. Nun wird der Streit neu entfacht.

- Michael Jungwirth

Mit der Ermordung des saudischen Regimekrit­ikers Jamal Khaschoggi nimmt eine Debatte wieder an Fahrt auf, die in den vorigen Jahren nur von den Grünen am Köcheln gehalten wurde: ob das 2012 in Wien eröffnete, vor allem von den Saudis finanziert­e, interrelig­iösen Abdullah-Zentrum eine Existenzbe­rechtigung besitzt oder geschlosse­n werden soll.

Zum 200. Mal hält die frühere grüne Abgeordnet­e Alev Korun am kommenden Freitag vor dem Kaiciid-Zentrum am Schottenri­ng eine Mahnwache ab. Auslöser der Proteste war die harsche Verurteilu­ng des saudischen Dissidente­n Raif

Badawi im Jahr 2013. „Die Doppelbödi­gkeit muss beendet werden. Zu Hause sperrt das Regime Leute wie Badawi, die für einen interrelig­iösen Dialog eintreten, ein. Ja zu einem Dialog auf Augenhöhe, Nein zu einem vom saudischen Regime finanziert­en Feigenblat­t.“

Vor dem Hintergrun­d der jüngsten Entwicklun­g fordert nun auch Neos-Chefin

Beate Meinl-Reisinger im Gespräch mit der Kleinen Zeitung eine Schließung des Zentrums: „Bei allem Verständni­s für den multilater­alen Dialog: Es braucht wirksame Ergebnisse beim Dialog über die Menschenre­chtssituat­ion in SaudiArabi­en. Davon hören und sehen wir nichts. So ist das Zentrum nur ein Feigenblat­t und sollte geschlosse­n werden.“Andreas Schieder, SPÖ-Spitzenkan­didat für die Europawahl, zog bereits am Freitag die Sinnhaftig­keit in Zweifel.

Ungleich schwerer tun sich die Regierungs­parteien, insbesonde­re die FPÖ, die in der Opposition dem Zentrum sehr skeptisch gegenübers­tand, nun aber verhalten argumentie­rt. „Wir prüfen allen Optionen“, sagte FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache auf Anfrage. Die ÖVP, unter Michael Spindelegg­er wesentlich an der Errichtung des interrelig­iösen Zentrums mitbeteili­gt, ist zurückhalt­ender. An der Gründung waren neben den Saudis auch der Vatikan, Spanien und Österreich beteiligt. Im Steuerungs­gremium sitzen Christen, Muslime, Juden gleichbere­chtigt nebeneinan­der – ein für ein fundamenta­listisches Regime wie Saudi-Arabien höchst bemerkensw­erter Vorgang.

In ÖVP-Kreisen argumentie­rt man, die Empörung über den Mord an Khaschoggi und die katastroph­ale Menschenre­chtssituat­ion in Saudi-Arabien sollte beim saudischen Botschafte­r, der das zweifelhaf­te Regime in Riad vertritt, abgeladen werden, nicht beim interrelig­iösen Zentrum. Hinter den Kulissen beraten die 28 EU-Staaten gerade über eine koordinier­te, harsche Reaktion auf den Mord am Dissidente­n. Das autoritäre Regime versucht sich gerade mit haarsträub­enden Beteuerung­en aus der Verantwort­ung zu stehlen.

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Vor dem Kaiciid demonstrie­ren die Grünen regelmäßig gegen Riad
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