Geht nicht.
Wenn der Vater mit dem Sohne: Man dürfe den eigenen Kindern nichts in den Weg legen und müsse sie nur tun lassen. Im Fall Kaiser war das ein zweifacher Irrglaube.
Die Beharrlichkeit, mit der die SPÖ ihr eigenes Abbruchwerk vorantreibt, hat etwas Beängstigendes, fast Triebhaftes. Jetzt hat sich auch noch einer ihrer Besten, Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser, durch Zutun in den Sog der Kalamitäten ziehen lassen.
Für die Partei ist die ohne Not heraufbeschworene Selbstbeschädigung doppelt verhängnisvoll, zumal Kaiser eine wichtige Symbolfigur nach innen ist: Er ist weit und breit der Einzige, der in jüngster Zeit als Sozialdemokrat eine Wahl gewonnen hat. Und: Er hat vorgelebt, wie man bürgerliche Milieus bindet und wie man die FPÖ auf Distanz halten und ihr bei der Zuwanderung mit pragmatischer Vernunft die Stirn bieten kann. Nach dem bunten, haltlosen Treiben der Ära Haider und ihrer Nachlassverwalter war Kaiser im politischen Warenkorb das ideale Gegenprodukt: ein Ausbund an Ernsthaftigkeit und Solidität.
Diese Marke weist jetzt Risse auf. Sein Fall zeigt, dass anhaltender Erfolg zu Achtlosigkeit und Fahrlässigkeit verführt und wie leicht einen an der Macht der wache Instinkt verlässt, was den Leuten zumutbar ist, den Leuten draußen wie den eigenen. Zuzulassen, dass der politisch unerfahrene Sohn im eigenen Bundesland als Spitzenkandidat für die Europawahl nominiert wird, war klar außerhalb des Zumutbaren. Ein 9000Euro-Mandat quasi als politisches Trainee-Programm, das war keine sehr schlaue Idee. Der tüchtige junge Mann mag ein internes Hearing gewonnen haben, aber entscheidend ist das Hearing draußen, und das hat man außer Acht gelassen.
Hier hat Peter Kaiser seine Vaterpflichten vernachlässigt, und das gleich in zweifacher Hinsicht. Zum einen hätte der Landeschef seinen Sohn rechtzeitig schützen müssen, indem er ihm mit der Autorität gelebter Erfahrung klarmacht: Geht nicht. Zum anderen hat er es verabsäumt, den Heißsporn auf die Folgen und die Klebewirkung seines öffentlichen Pos- tings im Netz hinzuweisen. „Nazion Österreich. Scheiß Innenminister!“, das ist bescheidener Vulgär-Rap für den Innenhof beim Klagenfurter „Pumpe“. Wenn man jedoch an der Schwelle zum Eintritt in die Politik steht, sollte man wissen, dass einem so ein Posting früher oder später zum Fallstrick wird und es den Absender für jedes höhere politische Amt zunächst disqualifiziert. Luca Kaiser hat es mit 24 nicht gewusst, aber sein Vater hätte es wissen müssen. Er hätte dem Sohn mit Verweis auf die Löschtaste sofort sagen müssen: Geht nicht.
Die unterbliebene Intervention hat alle beschädigt: den Vater, den Sohn und die handlungsunfähige Partei, die sich in ihrem Unglück mit einer neuen Frontlinie beschenkt: Kärnten gegen Wien.
Das ist eine Konstellation, mit der man im südlichsten Bundesland vertraut ist. Es ist der Stoff, aus dem die Opfer-Mythen sind. Ihrer bedient sich leider der gekränkte Vater, wenn er der Bundespartei uneinsichtig mit dem Fernbleiben droht. Er zitiert die Vorsitzende nach Klagenfurt und fordert eine Erklärung ein. ER ist sie schuldig.