Von Zeiten, in denen die Pressefreiheit hoch hängt
Sie prangern Korruption, Zensur oder Drogenhandel an: Heuer wurden weltweit bereits 72 Journalisten getötet.
Was die arabische Welt am meisten braucht, ist freie Meinungsäußerung“, titulierte
Jamal Khashoggi seine letzte Kolumne, die vor einigen Tagen in der „Washington Post“erschien. Der allem Anschein nach in der saudischen Botschaft in Istanbul getötete Journalist beklagte in dem Text die rigide Informationszensur und eine „Version des Eisernen Vorhangs“, den Saudi Arabien aufgezogen hat. Auch die fehlenden Gegenreaktionen der Staatengemeinschaft werden kritisiert. Ein Plädoyer für die Freiheit, „eine Freiheit, für die er anscheinend sein Leben gegeben hat“, schrieb die Redakteurin Karen Attiah ergänzend in der „Post“.
Khashoggis Tod fügt sich in eine Reihe spektakulärer Mordfälle an kritischen Journalisten ein. Die Organisation Reporter ohne Grenzen führt in ihrem jüngsten Jahresbericht Syrien, Mexiko und Af-
ghanistan als die gefährlichsten Länder an. 82 Tote waren es insgesamt 2017, dazu galten Dutzende Journalisten als entführt, Hunderte sind inhaftiert. Ob Anna Politkowskaja, Ján Kuciak oder Daphne Caruana Galizia: Die Mechanismen nach dem Tod kritischer Journalisten folgen einem bitteren Muster: Die Trauer und Empörung sind groß, die Konsequenzen hingegen überschaubar. Viele Verbrechen bleiben unaufgeklärt oder es kommt zu politischen und kriminellen Bauernopfern. Nach dem Mord an Anna Politkowskaja
2006 wurden Tschetschenen verurteilt. Dennoch erachtete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vor wenigen Monaten den Fall als unzureichend aufgeklärt. Javier Valdez, 2017 in Mexiko regelrecht hingerichtet, schrieb zuvor über Drogenhandel. Ein Kartellmitglied wurde gefasst. Gegen die mutmaßlichen Mörder an Daphne Caruana Galizia, die 2017 in Valletta per Autobombe getötet wurde, läuft derzeit ein Prozess. Hinterbliebene fordern auch Untersuchungen über die Involviertheit der Regierung. Politische Konsequenzen gab es nach dem Mord an Ján Kuciak im Vorjahr: Die slowakische Regierung trat zurück. Zudem wurden drei Männer verhaftet. Vor wenigen Wochen starb in Bulgarien die Moderatorin Viktoria
Marinova: Ein Beschuldigter legte ein Geständnis ab.
Und 2018? Laut JournalistenFöderation wurden heuer bisher 72 Journalisten getötet.