Keine Allerheiligenstimmung in der ÖVP
Kärntner ÖVP wählt am Dienstag Martin Gruber zum Parteichef. Der will beim Parteitag inhaltlich wie personell eine neue Ära einläuten.
Mit seiner Wahl beim Landesparteitag Dienstagabend im Casineum in Velden wird der fünfte Kärntner ÖVP-Chef seit dem Jahr 2000. Nach
(2004 bis 2012), (bis 2014) und (bis April 2018) soll Gruber Kärntens Schwarze bzw. Türkise in ruhige und erfolgreichere Fahrwasser führen. Am 4. April, nach dem schlussendlich überraschenden Rückzug von Benger, wurde Gruber vom Parteivorstand einstimmig zum geschäftsführenden Parteichef gewählt. Er folgte Benger auch als Landesrat nach, der jetzt als einfacher Abgeordneter im Landtag sitzt und die Partei trotz Kanzler-Kurz-Effekts bei der Landtagswahl mit ernüchternden 15,4 Prozent hinterließ,
Beim Parteitag am Dienstag wählen die 460 Parteitagsdelegierten. Gruber stapelt tief, will einen Achter vor seinem Ergebnis. Er ist der einzige Obmannkandidat. Zehn Jahre will er im Amt bleiben, sagte er bereits im April. Ein großes Ziel mit Blick auf die „Ahnentafel“. Zuletzt war Martinz der längstdienende Kärntner Parteichef. Eines ist jetzt schon gewiss. Mit seinen 35 Jahren wird Gruber der jüngste Parteichef, den die Kärntner ÖVP je hatte. 2009 wurde er mit 25 Jahren in Kappel/Krappfeld zum jüngsten Bürgermeister österreichweit gewählt. och nie war die Ausgangslage so gut“, schreibt Gruber in seiner Einladung zum Parteitag. Am 30. Oktober soll „eine neue Ära eingeläutet werden und der steile Weg nach oben beginnen“. Zulegen sollte ob der Ausgangslage nicht so schwer sein. 1994 kam die
NKärntner ÖVP mit
auf 23,8 Prozent. ruber geht unbeschadet und ohne Altlasten in den Parteitag. Als nach der Landtagswahl Oberkärntner Bürgermeister mit der Abspaltung drohten, sollte nicht den zweiten LandesratSitz bekommen, galt der Fehdehandschuh Benger. Er war es auch, der als schwarzer Chefverhandler den Koalitionspartner SPÖ mit seinem Abgang vor den Kopf gestoßen hat. Die Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips in der Landesregierung war dann der von der SPÖ geforderte Preis. Gruber bekam die Rückendeckung des Parteivorstandes und stimmte zu. Er wollte in der Koalition bleiben und der ÖVP die Oppositionsrolle ersparen.
In der Kärntner ÖVP ist es jetzt ruhig geworden. Die Kritiker der Ära Benger sind (derzeit) still, wenngleich Sorgen hörbar sind, dass die ÖVP neben dem mächtigen Koalitions-
Gpartner SPÖ zu sehr ein Schattendasein führe. Beobachter schauen sich’s an, wie der Nebenerwerbsbauer und Bauernbündler Gruber den Spagat zwischen ländlichen Regionen und Städten schaffen will. ruber will jetzt offensichtlich genau da ansetzen und beim Parteitag seine Handschrift präsentieren: Er will die Partei personell und inhaltlich breiter aufstellen, will Fachreferenten in den Parteivorstand holen und Vertreter der Bezirke bzw. Wahlkreise zu seinen Stellvertretern machen – und damit einen Schlussstrich unter die Probleme und Querschüsse der Vergangenheit ziehen. Neben den Kernkompetenzen Wirtschaft, Landwirtschaft, ländlicher Raum will er auch die Themen Umwelt/Energie, Pendler, Bildung und Sport besetzen. Für den Koalitionsalltag kann das spannungsvoll werden, denn damit greifen dann Kärntens Schwarze in die jetzt SPÖbesetzten Themen ein.
G„Es ist eine wesentliche Verbesserung bemerkbar“, verweist ÖVP-Vizebürgermeister in St. Veit, auf die Kommunikation in der Partei, den Aufbau neuer Strukturen und die Achse zu den Gemeinden. Die Stimmung in der Partei habe sich im Vergleich zum Landtagswahlkampf „wesentlich verbessert“. Luft nach oben gebe es immer. ist jetzt Direktor im ÖVP-Landtagsklub. Als ehemaliger Parteigeschäftsführer hat er mehrfach Parteitage organisiert. Dem jetzigen sieht er „sehr entspannt entgegen. Weil die Partei wieder in ruhigen Fahrwassern ist.“ie es möglich ist, dass ein Parteitag zwei Tage vor Allerheiligen stattfindet? Der Grund liegt bei Bundeskanzler, Bundesparteichef
und dessen vollem Terminkalender wegen Österreichs EU-Ratsvorsitz. Zum Parteitag am Dienstag fliegt Kurz direkt von der EU-AfrikaKonferenz aus Berlin an.
WJosef Anichhofer