Die abenteuerliche Geschichte des Weins in Kärnten
2000 Jahre. Aufstieg, Untergang, Wiedergeburt. Pfarrer, Panscher, Pioniere. Thomas Zeloth hat die Historie des kult(ur)igsten Getränks so umfassend wie spannend festgehalten.
Wie viele Männer braucht es, um Kärntner Wein zu trinken? Sieben – einen, der trinkt und sechs, die ihn festhalten, weil es ihn so schüttelt.
Warum hat der Messner von Sittersdorf um Mitternacht die Kirchenglocken geläutet? Damit sich die Bewohner im Schlaf umdrehen, um zu verhindern, dass die Weinsäure eine Magenwand zu sehr angreift.
Wein eimerweise? Kein Problem: Um 1750 war ein „Eimer“ein im Lavanttal gebräuchliches Wein-Maß von 23,6 Litern.
Und die Qualität? Nun ja! Der Franziszeische Kataster, eine Art Geografie-Wikipedia des 19. Jahrhunderts, bewertet die Weine aus elf Orten von Altendorf bis Wackendorf mit Noten wie „schlechter rother Wein“und „sehr saurer rother Wein“oder „schlechter weißer Wein“und „Vogeltrauben“. Die beiden „besten“Einstufungen lauten „schlechter bis mittelmäßiger (!) rother Wein“und „ganz wenig besserer Schilcher“.
Das sind nur einige der unterhaltsamen Perlen, die man dem Buch „2000 Jahre Weinbau in Kärnten“entnehmen kann. Der Titel basiert auf drei Thesen des Autors Thomas Zeloth: „Ich will erstens zeigen, dass in Kärnten schon lange Wein angebaut wird, dass dies zweitens
kontinuierlich stattfand und dass drittens der heimische Weinbau mit der Kultivierung der Reben in einen mitteleuropäischen Standard der Technik und Kellerwirtschaft eingebettet war.“Im Idealfall führt dies alles dazu, „Kärnten den österreichischen Weinbauregionen als eigenes Gebiet hinzuzufügen“.
Dann also los, im Zeitraffer: Einer der ersten manifesten Belege für römerzeitlichen Weinbau ist das Relief-Teil eines Dieners mit Winzermesser aus Teurnia. Ende des 8. Jahrhunderts labte ein Priester in Karantanien fromme Knechte mit Wein an seinem Tisch, gab deren ungläubigen Herren aber Wein in schmutzigen Gefäßen. Der erste schriftliche Nachweis ist 822 die Besitzübertragung von Weinbergen nahe Trixen. Ab dem 11. Jahrhundert dürfte Weinbau laut zahlloser Dokumente in allen geeigneten Lagen vorhanden gewesen sein.
Gründe für den zwischenzeitlichen Niedergang des Kärntner Weinbaus waren Klima, Importweine, Verlegung in bessere Gebiete, Steuern und Abgaben, fehlende Strukturen und Geschmacksveränderungen hin zu Bier, Branntwein und Obstmost.
In den 1920er und 1930er Jahren war der Kärntner Weinbau am Ende. Nur einige hundert Weinstöcke hatten als SpalierZierpflanzen überlebt. Im Jaunund Lavanttal war die Pflege der Weinreben nie ganz eingestellt worden. Anfang der 1970er Jahre entstand bei St. Andrä der erste Weingarten seit 40 Jahren. Heuer wurden rund 130 Hektar Weinbaufläche ausgewiesen. Und in den letzten zehn Jahren wurden fast alle alten Kärntner Weinbaugebiete wieder belebt, oft von Menschen mit durchaus professionellen Ansprüchen.
Übrigens: Das „Schönen“von Wein war früher sehr beliebt, etwa mit „Gaißmilch oder Saiffenlauge“, mit Eiern oder dem Bleioxid Silberglätte. Letzterem sind in Europa Hunderte Menschen zum Opfer gefallen. Die Völkermarkter hatten Glück. Zeloth: „Sie kamen mit Kopfschmerzen, Magenkrämpfen und Schwindsucht davon.“