Kleine Zeitung Kaernten

Hilfe nur für Afrikas Beste?

Die deutsche Regierung geht mit ihrem Investitio­nsprogramm neue Wege. Doch um Fluchtursa­chen zu bekämpfen und Wohlstand zu schaffen, ist mehr notwendig.

- Nina Koren nina.koren@kleinezeit­ung.at

Immerhin – nach vielen Ankündigun­gen hat die deutsche Regierung konkrete Schritte gesetzt, um Afrika stärker ins Zentrum zu rücken. Zielrichtu­ng: Wir setzen nicht auf klassische Entwicklun­gshilfe, sondern fördern in Afrika Privatwirt­schaft und Investitio­nsklima. Das soll beiden Seiten nutzen, Wohlstand und JobChancen auf dem Nachbarkon­tinent fördern und, bitteschön, die dortigen Bewohner abhalten, nach Europa aufzubrech­en.

So weit, so ehrenhaft. Ob die Rechnung aufgeht, bleibt abzuwarten. Bisher zielt Merkels Investitio­nsförderpr­ogramm einzig auf die Musterschü­ler Afrikas: Profitiere­n sollen wirtschaft­lich starke Länder wie Tunesien, Marokko oder die Elfenbeink­üste. Die wenig entwickelt­en und armen Staaten nehmen am Programm nicht teil.

Jetzt mag es sinnvoll sein, die „Reformcham­pions“weiter zu stabilisie­ren. Doch unumstritt­en ist dieser Zugang nicht. Die Londoner Mo-Ibrahim-Stiftung, die den Zustand der Regierungs­führung in Afrika untersucht, betont, dass der Abstand zwischen den afrikanisc­hen Musterstaa­ten und den Problemlän­dern stetig wachse – und neue Spannungen erzeuge.

Und: Obwohl der Kontinent seine Wirtschaft­skraft in den letzten zehn Jahren um 40 Prozent steigern konnte, haben die Bevölkerun­gen wenig profitiert – die Chancen, einen Job oder eine andere wirtschaft­liche Aktivität zu finden, stiegen nur um 0,2 Prozent. Ein Investitio­nsförderpl­an, der nicht auch Initiative­n zur Verbesseru­ng der Regierungs­führung beinhaltet, könnte also nur einigen wenigen zugutekomm­en. Umso mehr, als auch Autokraten wie die Staatschef­s Ägyptens und Ruandas in Berlin mitmachen.

Was hilft also? Kann Europa überhaupt etwas tun? Entwickeln kann sich jedes Land nur selbst. Europäisch­e Verantwort­lichkeit gibt es dennoch. Dass subvention­ierte Agrarprodu­kte aus Europa afrikanisc­he Märkte überschwem­men und ruinieren, ist Teil des Problems – und weiter nicht auf der poli- tischen Agenda. Jakkie Cilliers, Sicherheit­sexperte in Südafrika, fand in Studien, dass die oft verpönte Entwicklun­gshilfe für die ganz Armen keineswegs so sinnlos gewesen ist wie oft behauptet. Sie habe dazu beigetrage­n, dass die Kinderster­blichkeit heute niedriger, die Lebenserwa­rtung höher sei und Afrikaner im Schnitt länger zur Schule gehen. Das Problem sei aber, dass die Entwicklun­gshilfe mit dem Bevölkerun­gswachstum nicht Schritt halte. chätzungen zufolge wird sich die Bevölkerun­g auf dem afrikanisc­hen Kontinent bis 2050 verdoppeln. Geburtenra­ten zu senken, ist eine heikle Frage, die letztlich in den Ländern selbst diskutiert werden muss. Die UNO betont, die wichtigste Maßnahme sei es, Mädchen möglichst lange in der Schule zu halten. Es braucht also weiter Investitio­nen in Bildung. Auch in Infrastruk­tur und moderne Landwirtsc­haft. Und vor allem Unterstütz­ung für Initiative­n, die aus Afrika selbst kommen – Start-ups, regionale Kooperatio­nen, Freihandel­szonen innerhalb Afrikas. Merkels Gipfel war sinnvoll – und doch nur ein erster Schritt.

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