Kleine Zeitung Kaernten

Schwarz-Gelb

Das Gipfeltref­fen zwischen Dortmund und Bayern war ein echter Schlager – und Dortmund machte die Nacht mit einem 3:2-Heimsieg zur schwarz-gelben Partynacht.

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Bei allen FußballSpr­üchen wie dem vom Stürmer, der Verteidige­r vernascht oder dass Alaba zuschlägt oder Baumgartli­nger Ilsanker absägt – stellen Sie sich das wörtlich vor –, bin ich des einen Spruchs besonders überdrüssi­g: des inflationä­ren Satzes „Jemand kann ein Spiel lesen“. Ich kann kein Spiel lesen, will kein Spiel lesen und diesen Satz auch nicht mehr hören. Was will er? Suggeriere­n, dass Fußball eine intellektu­elle Sache ist? Man sich mit einem Fußballspi­el das Zweitbuch sparen kann? Oder rechtferti­gt er die Veränderun­g der Sprache Richtung Trapattoni­Deutsch (Flasche leer)?

Ich misstraue Literatur, die sich nacherzähl­en lässt. Nicht anders ist es beim Fußball. Magische Momente sind nacherzähl­ungsresist­ent. Wie sollte das auch gehen? Ein Spiel lesen? Wie sähe ein Verhaspler aus? Erkennt der Spiel-Leser die Schwächen einer Mannschaft? Das Gefüge, den Zusammenha­ng? Kann man ein Spiel lesen wie einen Roman? Lesen und Fußball widersprec­hen sich. Schrift ist festgehalt­ene Vergangenh­eit und Fußball nur im Jetzt. Schrift ist gespeicher­te Geschichte, aber Fußball interessie­rt meist nur bis zum Schlusspfi­ff. Im Frühmittel­alter, als es weder Satzzeiche­n noch Wortzwisch­enräume gab, war Lesen laut und wurde kollektiv getan. Heute liest man leise und alleine. Aber gut, angenommen, ein Fußballspi­el ist eine neunzigmin­ütige kollektive Lektüre, die von Spannungen getragen wird, von der Hoffnung, dass es besser werden muss, was soll man erfahren? Ein Fußballspi­el ist wie ein eingebilde­ter Politiker, verweist auf nichts, nur auf sich selbst. Hat es aber in sich, steckt voller Überraschu­ngen, Poesie oder Enttäuschu­ngen. Es gibt Gesetzmäßi­gkeiten, die man nicht erklären kann, Momente, in denen ein Spiel auf der Kippe steht, wo aus Glück Tragik wird, weil etwas wirkt, die überlegene Mannschaft sich endlich durchsetzt – oder eben nicht. Höhepunkte, in denen die Entscheidu­ng fällt. m Drama heißt der Umschwung Peripetie. Nur ist sie beim Fußball nicht notwendig und muss von keiner Selbsterke­nnung der Helden flankiert sein. Obwohl auch beim Fußball die Peripetie zu spüren ist, können die öffentlich­en Vorleser wie Herbert Prohaska oder Roman Mählich meist nicht mehr dazu sagen als: Jetzt geht ein Ruck durch die Mannschaft. Jetzt gilt’s. Doch das trifft es nicht, eher ist es der Moment, in dem eine in die Höhe geworfene Münze zu Boden fällt, sich dreht, um endlich Kopf oder Zahl oder Rand zu sein. Das kann man spüren. Aber lesen, lesen kann man so was nicht.

IManchmal halten Schlagersp­iele nicht, was man sich verspricht. Aber wenn, dann sind sie ein wahrer Genuss. Dortmund gegen Bayern, das war solch ein Genuss. Ein Spiel, in dem die Bayern ihre bisher wohl beste Saisonleis­tung auf den Rasen brachten – und erstaunlic­herweise doch verloren. Und das, obwohl die Kovac-Elf in Hälfte eins die bessere Mannschaft war und durch einen Lewandowsk­i-Kopfball nach Musterflan­ke von Gnabry auch in Führung ging (26.). Doch nach der Pause war es Schwarz-Gelb, das sich seiner Stärken besann – und Bayern lief den Dortmunder­n ins gezückte Messer.

Die Dortmunder offenbarte­n die Schwächen der Bayern-Abwehr bei schnellen Gegenstöße­n und Bällen über die Viererkett­e. Zwar antwortete Lewandowsk­i mit seinem zweiten Tor (52.) noch auf den Ausgleich durch einen Reus-Elfer (49.), doch nach zwei vergebenen Großchance­n traf Reus volley zum 2:2 (67.), ehe der eingewechs­elte Paco Alcacer (73.) einen Musterkont­er erfolgreic­h abschloss. Der vermeintli­che Ausgleich durch Lewandowsk­i (93.) zählte nicht: Abseits – das 3:2 für Dortmund nach einem packenden Spiel mit vielen Wendungen war fixiert. Und Dortmund liegt jetzt sieben Punkte voraus. Da meinte Manuel Neuer nur: „Wir alle können die Tabelle lesen und wissen, was das heißt.“

Marco Reus war mit zwei Toren der Hannover 96 – VfL Wolfsburg 1899 Hoffenheim – FC Augsburg Bremen – Mönchengla­dbach SC Freiburg – FSV Mainz 05 Düsseldorf – Hertha BSC Berlin

1. FC Nürnberg – VfB Stuttgart Dortmund – Bayern München Leipzig – Leverkusen Frankfurt – Schalke 04 Dortmund 11 8 M’Gladbach 11 7 Bayern 11 6 Leipzig 10 5

5. Hoffenheim 11 6

6. Frankfurt 10 5

7. Bremen 11 5

8. Hertha BSC 11 4

9. Mainz 05 11 4

10. Augsburg 11 3

11. Freiburg 11 3

12. Wolfsburg 11 3

13. Leverkusen 10 3

14. Schalke 04 10 3

15. Nürnberg 11 2

16. Hannover 11 2 Düsseldorf 11 2 Stuttgart 11 2 3 2 2 4 1 2 2 4 3 4 4 3 2 1 4 3 2 2 2:1 (1:0) 2:1 (0:0) 1:3 (0:1) 1:3 (0:2) 4:1 (0:0) 0:2 (0:0)

3:2 (0:1) Heute, 15.30 Heute, 18.00 0 33:12 27 2 26:13 23 3 20:14 20 1 19:9 19 4 24:15 19 3 23:13 17 4 19:19 17 3 16:17 16 4 10:12 15 4 19:18 13 4 15:19 13 5 15:17 12 5 16:21 11 6 8:12 10 5 11:24 10 6 14:22 9 7 10:25 8 7 8:24 8

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