Europäisches Wunschdenken
Triumph: Endlich hat Donald Trump seine verdiente Niederlage erlitten! Er sei der große Verlierer, befinde sich in der Defensive oder stehe unter der „Aufsicht“des nun von den Demokraten kontrollierten Repräsentantenhauses. Jetzt bestehe die Hoffnung, dass er in zwei Jahren nicht wiedergewählt werde.
So lauten fast unisono die Reaktionen in Europa auf die sogenannten Zwischenwahlen in den USA. Aber das ist Wunschdenken. Dass die Amerikaner der Partei des Präsidenten zwei Jahre nach dessen Wahl die Mehrheit im Haus verweigern, ist ganz normal. Barack Obama hatte 2010 bei den midterm elections seiner ersten Amtszeit gleich 63 Abgeordnete (fast doppelt so viele wie Trump jetzt) verloren und ist doch zwei Jahre darauf wiedergewählt worden. Trumps Attraktivität scheint ungebrochen: Alle republikanischen Senatoren, für die er sich in den Wahlkampf geworfen hatte, gewannen ihre Sitze.
Die Überraschung dieser Wahl war die hohe Wahlbeteiligung unter Republikanern, aber nicht nur der „klassischen“Republikaner mit Universitätsabschluss, die in den wohlhabenden Vorstädten leben, sondern von Leuten, die bisher entweder demokratisch oder in vielen Fällen gar nicht gewählt hatten. Trump hat sie mobilisiert und sich seine eigene Wählerkoalition geschaffen. Was seinerzeit die Reagan-Demokraten waren, sind heute die Trump-Republikaner.
Diese Wählerschaft ist nicht interessiert an Steuersenkungen für die Reichen, sondern an höheren Mindestlöhnen und mehr Sozialhilfen, besseren Schulen und billigeren Medikamenten. Für all das wird Trump bei der demokratischen Mehrheit im Haus Partner finden. Diese werden auch dem Nafta-Nachfolgevertrag für den Handel mit Mexiko und Kanada zustimmen und auch nichts gegen seinen alten Plan für Infrastruktur-Investitionen haben. Defizit und Staatsschuldenquote sind beiden gleichgültig.
Die vermeintliche Niederlage Trumps bei diesen Wahlen könnte sich als Basis für die Wiederwahl in zwei Jahren herausstellen.
Die vermeintliche Niederlage Trumps bei dieser Wahl könnte sich als die Basis für die Wiederwahl in zwei Jahren herausstellen.