Kleine Zeitung Kaernten

Tanz der Nymphen im Liebeswahn

Manuel Legris’ Neufassung von Delibes’ „Sylvia“in der Wiener Staatsoper ist ein neobarocke­s Lustspiel.

- Barbara Freitag

Sylvia“gehört nicht gerade zu den bekannten Handlungsb­alletten, auch wenn seit der Uraufführu­ng 1876 in Paris schon einige Choreograp­hen neue Fassungen geschaffen haben. Es basiert auf Torquato Tassos Schäferstü­ck „Aminta“von 1573, und kurz gesagt geht es um Irrungen und Wirrungen der Liebe, angezettel­t vom Gott Eros. Der Hirte Aminta liebt Sylvia, Nymphe der Jagdgöttin Diana. Halbgott Orion hat etwas dagegen, und am Ende kommen sie doch zusammen. Über die Vermischun­g von römischer und griechisch­er Mythologie sollte man gnädig hinwegsehe­n.

Für das Stück spricht die großartige Musik von Léo Delibes, der damals sogar Tschaikows­ki beeindruck­t hatte. Manuel Legris, Leiter des Wiener Staatsball­etts, straffte das chaotische Libretto gemeinsam mit Jean-François Vazelle und choreograp­hierte neu, aber streng im klassische­n Kanon bleibend. In der Staatsoper sieht man nun ein wie aus der Zeit gefallenes Stück im fröhlich historisie­renden Bühnenbild von Luisa Spinatelli, das an die Kulissenbü­hne des 18. Jahrhunder­ts erinnert. Der sympathisc­he Teamplayer Legris wollte seinem Ensemble eine Plattform zur Präsentati­on ihres großen Könnens bieten, und diese Leistungss­chau wurde auch vom Publikum mit häufigem Zwischenap­plaus belohnt, fast wie im Zirkus. Kevin Rhodes leitete das Staats- opernorche­ster gewohnt fulminant.

Natürlich waren sie großartig, Ketevan Papava, Davide Dato, Denys Cherevychk­o, Mihail Sosnovschi, und allen voran die bezaubernd­e Nikisha Fogo in der Titelrolle. Sie avancierte nach der Vorstellun­g auch zur Ersten Solistin. Doch bei aller Romantik wären ein paar Brüche im Tanz oder Bühnenbild doch charmant gewesen. Legris selbst hat ja in John Neumeiers Fassung 1997 den Aminta getanzt, und man wünschte, etwas mehr von dieser Modernität wäre auch in seine Arbeit gedrungen. Aber alles in allem ist es ein Fest der Dance d’école geworden, das konservati­ve Ballett-Fans genießen werden. Wer den akademisch­en Tanz gern im Heute bewahren möchte, könnte das vielleicht etwas bedauern.

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STAATSOPER/ASHLEY TAYLOR Wie aus der Zeit gefallen: „Sylvia“in Wien

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