Die Fratze von Gesetzen und Zynikern
Kirchenchor, Liturgiegruppe, Schwangerschaft, weinendes Kind: Soll das alles zählen oder ausgeblendet werden?
Er wird sich hoffentlich durchsetzen, Landeshauptmann Markus Wallner, der der Regierung unmissverständlich ausrichten lässt, dass es beim humanitären Bleiberecht eine Änderung geben müsse. Weil er nicht mehr erleben möchte, dass ein dreijähriges Kind weinend um fünf Uhr früh mit ansehen muss, wie seine schwangere Mutter kollabiert und ins Spital gebracht werden muss.
Alles gesetzeskonform, da diese iranisch-armenische Familie kein Asylrecht erhalten hat und somit nach fünf Jahren abgeschoben werden muss. Aber muss sie? Oder könnte das humanitäre Bleiberecht in diesem Fall ein Notausgang sein? Wallner fordert, dass Länder und Gemeinden beim humanitären Bleiberecht zumindest wieder ein Anhörungsrecht bekommen. Wie soll auch ein Be- amter in Wien wissen, dass diese Familie in Vorarlberg seit fünf Jahren im Kirchenchor, in der Liturgiegruppe und in der Tanzgruppe bestens integriert ist? nnenminister, Kanzler, Vizekanzler haben dennoch vorsorglich abgewinkt. Eine Teilübertragung der Entscheidungskompetenz wäre wie vor dem Jahr 2014 ein „Rückschritt in Richtung uneinheitliche Entscheidungspraxis“. Da haben sie recht. Kirchenchor, Liturgiegruppe, weinendes Kind können für den Rechtsstaat auch
Ikeine Kriterien sein. Für ein humanitäres Bleiberecht müssten sie es sein – sofern „humanitär“nicht gestrichen werden soll.
Ja, solche Zurufe sind einfach, weil sich der Rufer um Folgen nicht kümmern muss. Wie die Folge, dass da auch der Willkür Tür und Tor geöffnet wird. Zyniker werden rufen: „Eintrittskarte neu: schwanger werden und bei Abschiebung einfach kollabieren.“
Nicht nur Gesetze können wie Fratzen sein. Bleibt zu hoffen, dass Kinder und Kirchenchor nicht ausgeblendet bleiben.