Finanzielle Entschädigung
Nach der Einvernahme bei der Polizei musste das Mädchen – auch das ist üblich – noch einmal bei Gericht aussagen. „Die Opfer werden heutzutage aber nicht mehr im vollen Gerichtssaal während der Hauptverhandlung einvernommen“, erklärt Gewolf-Mulley. „Kinder und Jugendliche haben die Möglichkeit einer kontradiktorischen Einvernahme.“Das heißt, das Mädchen konnte vor der Verhandlung in einem Extra-Raum, im Beisein einer Ver- trauensperson, die Übergriffe schildern. „Da sind sonst nur noch der Richter beziehungsweise der Gutachter anwesend“, so Gewolf-Mulley. Alles Personen, die in schonender Einvernahme geübt sind.
Die Aussagen des Mädchens wurden auf Video aufgezeichnet. Derartige Aufnahmen werden dann im Prozess vorgespielt. Aus Erfahrung weiß Gewolf-Mulley: „Nach der Einvernahme fällt eine schwere Last von den Betroffenen.“Eine Last, die sie oft jahrelang mit sich herumgeschleppt haben.
„Das Wichtigste ist, dass den Opfern, vor allem Kindern, erspart wird, direkt im Gerichtssaal vor anderen Leuten auszusagen“, meint die Anwältin. Im Fall des betroffenen Mädchens hat der Täter am Ende ein Geständnis abgelegt. „Das war eine große Erleichterung für die Betroffene. Es war eine späte Bestätigung, dass sie die Wahrheit gesagt hat.“Endlich sei dem Opfer geglaubt worden.
„Ich rate allen, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, einen Vertrauten zur polizeilichen Einvernahme mitzunehmen“, sagt Anwältin Tanja Gewolf-Mulley.
Jedem Opfer stehe eine psychosoziale und juristische Prozessbegleitung zu. Die juristische Begleitung wird von Anwälten übernommen, die Betroffenen müssen dafür keine Kosten tragen, betont die Juristin.
Missbrauchsopfern steht auch finanzielle Entschädigung zu. „Im Strafprozess wird nur ein kleiner Teilbetrag zugesprochen. Die genaue Höhe der Entschädigung muss danach in einem eigenen Zivilprozess geltend gemacht werden“, schildert Gewolf-Mulley. Wobei das tatsächliche Leid von Betroffenen wohl nie mit Geld bemessen werden kann.