Wieso die liberale Weltordnung im Wandel ist
Wolfgang Petritsch analysiert die Kräfte, die auf die globale Veränderung wirken.
Aktuell wird viel über eine Phase der weltpolitischen Veränderung gesprochen. Vieles, was noch vor einigen Jahren als Konstante globalen Handels angesehen wurde, ist offensichtlich dem Wandel unterworfen. Einige sprechen von einem Epochenwechsel. Aber ist das wirklich so? Ist etwas in Rutschen gekommen, was als Grundpfeiler der Werteordnung galt? Wolfgang Petritsch versucht Ordnung zu bringen in die Unordnung – zumindest in unseren Köpfen. Der Österreicher will einordnen, erklären, auch beruhigen. Er war häufig mit heiklen Missionen betraut. Petritsch war Hoher Repräsentant der EU für Bosnien-Herzegowina, Sonderbeauftragter für den Kosovo und Chefunterhändler bei den Kosovo-Friedensgesprächen in Rambouillet. Er gibt einen klugen Überblick darüber, wieso die Welt im Wandel ist. Der Autor ordnet die Welt von Grund auf für seine Leser ein. Er geht weit in die Geschichte zurück, um die Ursprünge der aktuellen Weltordnung zu erklären, die Stellung der wichtigsten Spieler in der Weltpolitik herzuleiten und im schnellen Marsch durch die Geschichte den Weg bis zum heutigen Status zu skizzieren. Auch wenn für politische und wirtschaftliche Laien der Anfang wenig leichtfüßig erscheint, gelangt man doch bald auf jenen Pfad, auf dem Petritsch die aktuelle Epoche als „digital-autoritär“herleitet.
Die Digitalisierung und ihre Auswirkung auf die Politik nehmen eine tragende Rolle ein im Buch. Der Aufstieg von autoritären Systemen und populistischen Strömungen in den Demokratien hängt eng mit der digitalen Revolution zusammen. Demokratische Entscheidungen erscheinen schwerfällig, wenn Populisten einfache Lösungen anbieten, autoritäre Regime ohne lange Verzögerungen Dinge umsetzen können und die digitale Welt eine Beschleunigung des Lebens bewirkt. Wenn dazu demokratische Prozesse kompliziert erscheinen, werden sie im Gegensatz zum vorher beschriebenen unattraktiv. Wer mag nicht den scheinbar schnellsten und leichtesten Weg gehen? Darin liegt die Herausforderung für die liberale Ordnung. Petritsch bringt das Dilemma treffsicher auf den Punkt. Epochenwechsel. Unser digital-autoritäres Jahrhundert. Brandstätter, 288 Seiten, 25,00 Euro.