Kleine Zeitung Kaernten

Aufstand der Gelbjacken

250.000 erboste Autofahrer protestier­ten gegen Staatspräs­ident Macron und die Spritpreis­erhöhungen. Es gab einen Toten und viele Verletzte. Die Geschichte einer Empörung.

- Die Mutter APA/AFP Aufgebrach­te

Die Aufständis­chen tragen gelbe Warnwesten. Das immerhin wusste Staatschef Emmanuel Macron. Der Rest war banges Warten. Niemand vermochte zu sagen, wie viele es sein würden und ob sie ihre Drohung wahr machen würden, Frankreich am gestrigen Samstag mit 1500 Straßenblo­ckaden lahmzulege­n.

Am Ende waren es 244.000 Menschen, die auf die Straßen gingen, um gegen die geplante Erhöhung der Steuern auf Diesel und Benzin zu protestier­en. Und nördlich von Grenoble verlor eine Frau dabei sogar ihr Leben, weil eine in Panik geratene Autofahrer­in Gas gab und sie überfuhr, als an einer Straßenblo­ckade Demonstran­ten auf ihr Autodach trommelten.

Der Protest der Autofahrer selbst hat keine Anführer. Gewerkscha­ften und Opposition­sparteien, die den Widerstand der Straße gemeinhin organisier­en, sind von den Ereignisse­n diesmal überwältig­t worden.

Anstatt Führungsfi­guren hat die sich in den sozialen Netzwerken unter dem Namen „Gelbe Westen“bildende Protestbew­egung lediglich eine Schutzheil­ige hervorgebr­acht. Die Bre- tonin Jacline Mouraud (51) ist es. Als „Madonna der Gelben Westen“und „Gesicht der Revolte“wird sie gefeiert. Die in einem bretonisch­en Dorf lebende Akkordeon-Spielerin hat ein Video auf Facebook gestellt, in dem sie ihrem Zorn auf Macron freien Lauf lässt. „Coup de gueule“, heißt es, „Protestges­chrei“. Mehr als sechs Millionen Klicks verzeichne­t es bereits.

dreier Kinder wirft dem Präsidente­n darin vor, für die aufs Auto angewiesen­e Landbevölk­erung nur Verachtung zu empfinden. Mouraud schimpft auf Abzocke durch Radarfalle­n, beklagt eine Jagd auf Dieselfahr­zeuge und die über die Franzosen hereinbrec­hende Flut von Strafzette­ln. Einmal in Rage, wendet sie sich an Macron, fragt ihn: „Was machen Sie mit dem Wahnsinnsg­eld, außer im Élysée-Palast neues Geschirr anzuschaff­en und sich ein Schwimmbad bauen zu lassen?“

Wir bringen die Energiewen­de voran, pflegen Macron und sein Regierungs­chef Edouard Philippe auf Fragen dieser Art zu antworten. Wenn man mit 1. Jänner die Steuer auf Diesel um sieben und auf Benzin um vier Cent erhöhe, dann weil teurere Mineralölp­reise den Verbrauch drosselten, Luftversch­mutzung und Klimawande­l entgegenwi­rkten. Im Übrigen seien die hohen Treibstoff­preise den weltweit explodiere­nden Rohölpreis­en geschuldet.

Autofahrer zeigen sich wenig beeindruck­t. Um den Einwand unsozialer Politik zu entkräften, haben Macron und Philippe finanziell­e Hilfen in Aussicht gestellt. Eine auf 4000 Euro erhöhte Abwrackprä­mie für Besitzer alter Dieselauto­s zählt dazu und eine Steuerbefr­eiung für Benzingeld, das Arbeitgebe­r aufs Auto angewiesen­en Geringverd­ienern zahlen.

Zugleich beschuldig­en der Staatschef und sein Premier die Opposition, sie schüre den Protest, versuche, sich an seine Spitze zu setzen. Beide wissen: Die Stimmung im Lande ist gereizt. Die erhoffte Rendite von Macrons Reformen ist bisher ausgeblieb­en. In die Rufe nach einem Verzicht auf die Mineralöls­teuererhöh­ung mischen sich bereits Rufe nach einer Rücknahme von Pensionist­en und Wohngeldem­pfänger belastende­n Maßnahmen.

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Frankreich in Aufruhr: protestier­ende Autofahrer in der Bretagne
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