Konzepte gegen die Einsamkeit finden
Neue Seniorenbund-Obfrau Scheucher-Pichler (ÖVP) sieht Bund und Land für mobile Pflege gefordert. Auch Alleinsein als Problemfeld der Zukunft.
Seit
elf Monaten steht
(64) an der Spitze des Kärntner Seniorenbundes. Sie folgte
nach, der die ÖVP-Teilorganisation nach schweren internen Turbulenzen in ruhige Fahrwasser geführt hat. Mit über 10.000 Mitgliedern in 112 Ortsgruppen ist der Seniorenbund die mit Abstand stärkste Teilorganisation in der Kärntner ÖVP. Scheucher, die Politikerfahrung auf Gemeinderats-, Landtags- wie Nationalratsebene hat, kann also innerparteilich stark aufzeigen. Wissend, „dass ohne Senioren keine Wahlen zu gewinnen sind“.
Hinzu kommt: Kärnten habe österreichweit den höchsten Anteil von Über-65-Jährigen in der Bevölkerung. Derzeit sind es 20,9 Prozent, im Jahr 2035 werden es laut Statistik 30,5 Prozent sein.
Die erste Phase als neue Obfrau, das Hinausfahren in die Ortsgruppen, Ideensammeln, Hinhören, welche Themen die Leute belasten und interessieren, ist in der Endphase. Organisatorisches wie der FacebookAuftritt und demnächst auch die eigene Homepage sind auf Schiene, neue Angebote wie Schulungen für soziale Medien im Laufen. „Wir fahren ein massives Sparprogramm, arbeiten alle ehrenamtlich und kriegen das in Griff, spricht die ausgebildete Psychotherapeutin die finanzielle Vergangenheit nur kurz an.
Jetzt gehe es um Inhaltliches. Ein Pflegepositionspapier ist in Arbeit, das sich an die Bundeswie Landespolitik richtet. „Wir fordern ein Recht auf Altern in Würde und das Recht auf leistbare Pflege, das in der Verfassung verankert werden soll.“
Froh ist die langjährige Präsidentin des Hilfswerks, dass es in der ÖVP jetzt ein „generationenübergreifendes Miteinander gibt“. Der junge Landesparteichef (35) „hat da ein gutes Gespür und hört uns“, ist sie froh. Die Pflege werde ab Jänner ein Schwerpunktprogramm der Landespartei mit dem Seniorenbund.
Die Türkisen setzen damit auf nicht klassische ÖVP-Themen, wollen sich über Landwirtschaft und Wirtschaft hinaus breiter aufstellen, wie Gruber beim Parteitag angekündigt hat – und greifen so auch in eine bisherige SPÖ-Domäne ein. Das kann innerkoalitionär durchaus spannend werden. Auch die Freiheitlichen mit Parteichef besetzen seit dem Landtagswahlkampf stark das Pflegethema und haben dabei Sozialreferentin (SPÖ) mit heftiger Kritik im Visier. Wobei Scheucher betont, dass auf Seniorenebene die Zusammenar- beit über die Parteigrenzen hinweg mit PensionistenverbandObmann (SPÖ) und Seniorenring-Obmann
(FPÖ) gut funktioniere. 16 Prozent der alten Menschen werden in Pflegeheimen betreut, 84 Prozent zu Hause: 33 Prozent unterstützt von mobilen Diensten, nur fünf Prozent haben 24-Stunden-Hilfen. „Schieflagen im Verhältnis zu Pflegeheimen müssen ausgeglichen werden“, fordert Scheucher auch mit Blick auf pflegende Angehörige, „die mehr Unterstützung brauchen“. Die mobile Pflege benötige eine viel höhere Finanzierung, damit es weniger Selbstbehalte, mehr leistbare Angebote und einen leichteren Zugang zu niedrigen Pflegegeldstufen gibt. „Wenn die Leute früh genug zu Hause Unterstützung bekommen, bleiben sie länger gesund und selbstbestimmt. Studien belegen: Bis zu 90 Prozent der alten Menschen wollen möglichst lange zu Hause bleiben.“
Die Pflege selbst, Hol- und Bringdienste, das alles könne organisiert werden. „Aber was gegen Einsamkeit und das Alleinsein zu tun ist, da müssen wir noch über Möglichkeiten nachdenken“, spricht Scheucher ein großes (Zukunfts-) Thema an, wissend, dass Altersdepression stark zunimmt. Also Nachdenken über neue Wohnformen wie Senioren-Wohngemeinschaften mit kleinen Einzelwohnungen und Gemeinschaftsräumen. Wichtig sei, dass Alltagsmanager für betreutes Wohnen erhalten bleiben, dass soziale Netzwerke forciert werden. ine Sache differenziert Scheucher: Die Senioren seien wegen Pflege und Gesundheit nicht nur ein großer Kostenfaktor, „sie sind auch ein großer Wirtschaftsfaktor mit enormer Kaufkraft. Die Arbeitswelt würde ohne die vielen Taxi- und Babysitterdienste der Großeltern nicht funktionieren.“
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