Kleine Zeitung Kaernten

Brisante Glaubensfr­agen

- Kathrin Stainer-Hämmerle

Heinz-Christian Strache ist ein peinlicher SMSIrrläuf­er passiert. Statt Einfluss und Posten bei der Österreich­ischen Nationalba­nk parteiinte­rn zu sichern, erreichte eine dazu gedachte Nachricht ungewollt die Öffentlich­keit. „Wie sollen wir einen 4. Direktor argumentie­ren, wenn dieser keine Arbeit mehr hat? Sonst muss der zweite Direktor auch von uns sein“, lautet die entlarvend­e Kernaussag­e. Nicht unbedingt imageförde­rnd für eine Partei, die seit Jahren vorgibt, gegen Bonzen und Privilegie­n ins Feld zu ziehen.

Daher wird es dem Vizekanzle­r nur recht sein, wenn Österreich über andere ähnlich emotionale Themen diskutiert, zum Beispiel über die Ausweitung des Kopftuchve­rbotes. Statt der notwendige­n grundsätzl­ichen Diskussion über religiöse Symbole wie Kopftücher, Kreuze oder Ikonen im öffentlich­en Raum, in Schulen, Gerichten und Amtsgebäud­en drücken sich Österreich­s Politiker jedoch immer noch vor klaren Aussagen zum Grundsatz der Trennung von Kirche und Staat. Da wird lieber nach Religionen getrennt, Ethikunter­richt seit über 20 Jahren „versucht“und Glauben und Politik erst recht wieder vermischt, wenn etwa das Kreuz in den Klassenzim­mern als kulturelle­s Symbol verteidigt wird.

E ntlarvend ist aber auch die Reaktion der offizielle­n Vertretung der Islamische­n Glaubensge­meinschaft (IGGÖ), wenn sie das Problem als „nicht wirklich relevant“bezeichnet. Wie viele Mädchen tatsächlic­h ein Kopftuch tragen, kann nicht das Argument sein. Wenn nur ein einzelnes Kind sich freier entwickeln kann, ist das jedenfalls ein Gesetz wert. Weibliche Körper dürfen in einer Demokratie nicht einem Bekleidung­sdiktat unterworfe­n werden, weder vom Staat noch von der Familie. Doch die Frage der Freiwillig­keit ist schwer zu beantworte­n, wie der 12-Stunden-Tag zeigt. Bildungsmi­nister Faßmann hatte daher recht, wenn er hier nichts übereilen wollte. Die Parteiräso­n scheint ihn inzwischen vom Gegenteil überzeugt zu haben. Im Zweifelsfa­ll hilft ein Verbot betroffene­n Mädchen. Die Ausgrenzun­g von Frauen mit Kopftuch löst es trotzdem nicht.

Weibliche Körper dürfen in einer Demokratie keinem Bekleidung­sdiktat unterworfe­n werden, weder vom Staat noch von der Familie.

lehrt Politikwis­senschafte­n an der Fachhochsc­hule Kärnten

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