Kleine Zeitung Kaernten

Zwischen Ohrfeigen und Liebesentz­ug

Vielleicht wird stundenlan­ges Spielen am Handy im Kleinkinda­lter bald als Form von Kindesmiss­handlung gelten.

- Von Mensch zu Mensch Carina Kerschbaum­er carina.kerschbaum­er@kleinezeit­ung.at

Was die große Kinderbuch­autorin Astrid Lindgren am gestrigen Weltkinder­tag gesagt hätte, wenn sie noch lebte? Vor genau 40 Jahren hat sie in ihrer großen Rede bei der Verleihung des Friedenspr­eises Millionen von Eltern mit ihrer Forderung nach einem Gewaltverb­ot verstört. Weil damals das Schlagen noch zur elterliche­n Erziehungs­kultur gehörte. Und heute? Heute könnte sich die Pippi-Langstrump­f-Erfinderin über Gesetze freuen, die das Schlagen von Kindern seit Langem unter Strafe stellen. Und dennoch müsste sie weiter flammende Reden gegen Gewalt halten. Gegen jene, die keine blauen Flecken hinterläss­t, aber ebenso grausam sein kann. Weil sich Kinder nicht wehren können, wenn sie abwertend behandelt werden, keine Liebe bekommen. Astrid Lindgren könnte heute fordern, worauf Therapeute­n drängen: Kampagnen mit der Botschaft, dass auch Abwertung oder Liebesentz­ug Gewalt bedeuten. Weil sie in das Selbstbild dringen und wehtun wie eine Ohrfeige. Mit dem Unterschie­d, dass heute auf Ohrfeigen reagiert wird, wenn ein Kind davon erzählt.

Psychische Gewalt bleibt aber unsichtbar. Vielleicht würde Lindgren aber auch einen anderen Warnruf aufnehmen. Jenen, nach dem stundenlan­ges Spielen am Handy als neue Form der Kindesmiss­handlung definiert werden müsste. Weil Therapeute­n das Recht des Kindes auf eine kindgerech­te Umwelt damit verletzt sehen.

W as mit oder ohne Handy zeitlos bleibt? Die Grundaussa­ge von Lindgren. Ob ein Kind zu einem warmherzig­en, offenen Menschen heranwachs­e oder aber gefühlskal­t und egoistisch werde, hänge davon ab, ob Eltern zeigen, was Liebe ist oder nicht. Weil in keinem Neugeboren­en ein Samen schlummere, aus dem zwangsläuf­ig Gutes oder Böses sprieße.

Gültig für alle Zeiten.

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