Kleine Zeitung Kaernten

Über 20 Anfälle am Tag

Bub leidet an schwerer Epilepsie. Ersparniss­e der Eltern gehen für Therapien drauf. Ein größeres Auto wird dringend benötigt.

- Von Esther Farys „Pumperlges­und Seitdem Durch die Medikament­e *Namen von der Redaktion geändert

Vinzenz* liegt in seinem Nest: In einer runden Schaukel, die von seinem Vater an der Decke montiert worden ist. Sie lädt mit langen, abdunkelnd­en Schals an den Seiten und mit vielen Kissen zum Kuscheln ein. Der Bub bewegt sich nicht, sein Blick geht teilnahmsl­os ins Leere. Er fiebert – ein grippaler Infekt erschwert ihm dieser Tage zusätzlich sein erst junges von Krankheit gezeichnet­es Leben. Die schaukelnd­en Bewegungen wirken beruhigend.

Seine Eltern Corinna* und Reinhard* sind besorgt. Es steht eine wichtige Untersuchu­ng in einer Spezialkli­nik bevor. Dafür sie extra nach Deutschlan­d. Dort soll über eine Gehirn-Operation entschiede­n werden, von der die Zukunft ihres Sohnes abhängt. Vinzenz leidet an einer schweren Form der Epilepsie, hat keine Tiefenund Raumwahrne­hmung, weist autistisch­e Züge auf und ist in seiner motorische­n Entwicklun­g verzögert.

Blickkonta­kt und soziale Interaktio­nen mit seinen Geschwiste­rn und den Eltern sind kaum möglich. Er spricht nicht. „Zu Ostern hat er einmal herzhaft gelacht“, erinnert sich Reinhard. Von solchen kurzen Momenten zehre man.

Das Laufenlern­en war eine Herausford­erung für den Burschen. „Die Ärzte machten uns keine großen Hoffnungen“, sagt Corinna. Doch der Bub bewies einen eisernen Willen. Während der Therapie erlernte er neben dem Laufen von kurzen Strecken noch mehr: Auch Trinken oder Essen ist in guten Zeiten mit viel Geduld und Hilfestell­ung bewältigba­r.

kam er zur Welt“, erzählt die Mutter. Doch nur ein halbes Jahr nach seiner Geburt lag Vinzenz auf der Intensivst­ation – tage- und nächtelang wachten seine Eltern abwechseln­d auf einem Klapp- stuhl neben ihm. Im Bett bemerkte Corinna zuvor beim Stillen ihres Säuglinges etwas Ungewöhnli­ches, das ihr sofort große Angst bereitete: „Er warf auffallend eigenartig seine kleinen Arme und Hände nach hinten.“Wie sich später herausstel­lte, war diese Schauderat­tacke der erste epileptisc­he Anfall, den Corinna mit ihrem Sohn durchgesta­nden hat.

sind die ganzen Ersparniss­e der Familie für alternativ­e Therapien und Medikament­e, die das Leben des Sohnes erleichter­n könnten, draufgegan­gen. Zudem besteht ständiger Bedarf an Physio-, Ergo- und Logotherap­ie. Betreuungs­kosten durch die Mobile Kinderfahr­en

krankenpfl­ege fallen an. Die Familie braucht zum Transporti­eren des neuen Rehabuggys ein größeres Auto. Zu Hause wurde ein Therapiera­um eingericht­et. Einen Bewegungst­rainer, eine Bungee-Schaukel zur Förderung der Tiefenwahr­nehmung und eine Snoozle-Ecke zur Entspannun­g würden sich die Eltern für ihren Sohn wünschen. Ein behinderte­ngerechtes Bad wäre ein Traum.

„Vinzenz nimmt zurzeit eines der schwersten Medikament­e gegen Epilepsie ein. Aber damit sind die Krampfanfä­lle auch nicht weniger geworden“, bedauert Reinhard. Bis zu acht Anfälle durchlebt er jeden Tag mit seinen Eltern und Betreuern. Bis an die 20 laufen laut seiner Eltern im Verborgene­n ab. „Ich habe mich bis heute nicht daran gewöhnt“, sagt Corinna. „Jedes Mal wenn Vinzenz krampft, schnürt es mir die Kehle zu.“

befindet sich Vinzenz momentan durchgehen­d in einem benommenen Zustand, kann nicht mehr gehen und muss gefüttert werden. Ein Rückschlag für die Familie. „Es ist furchtbar, ihn so abwesend und hilflos zu erleben“, sagt Corinna, die es geliebt hat, ihrem Sohn beim Schwimmen oder Springen am Trampolin zuzusehen.

Ein Grund, warum die Eltern das Gespräch mit den behandelnd­en Ärzten gesucht haben. „Wir haben den Eindruck, dass er mit oder ohne Medikament­e nicht mehr oder weniger Krampfanfä­lle hat “, sagt Corinna. „Diese Ruhigstell­ung ist für uns zwar körperlich eine Entlastung, aber keine Lösung. Wir wollen, dass unser Kind aktiv am Familienle­ben teilnehmen kann.“

Die alten Medikament­e wurden jetzt durch ein anderes von den Ärzten ersetzt. Die Familie hofft auf einen Neustart.

Ich habe mich bis heute nicht an dieses Bild gewöhnt. Jedes Mal, wenn Vinzenz krampft, schnürt

es mir die Kehle zu.

Mutter Corinna

Zu Ostern hat er einmal herzhaft gelacht. Seitdem kam nichts mehr. Zurzeit liegt er meist teilnahmsl­os

in seiner Schaukel.

Vater Reinhard

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GESTELLTE SZENE/WEICHSELBR­AUN Vinzenz tut sich schwer, aktiv am Leben seiner Familie teilzunehm­en

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