An der Supermacht China führt kein Weg vorbei
Das Ehepaar Löw liefert intensives Porträt der 1,4-Milliarden-Einwohner-Volksrepublik.
Ein Land, in dem beinahe ein Fünftel der gesamten Menschheit lebt, ist wohl schon quantitativ gesehen ein Weichensteller für die globale Zukunft. Doch China wird nicht nur deshalb das 21. Jahrhundert maßgeblich prägen, wie der langjährige ORF-Redakteur Raimund Löw und seine Frau Kerstin Witt-Löw in ihrem neuen Werk darlegen. 7500 Kilometer mögen zwischen Wien und Peking liegen, doch auch wir werden Teil einer von China beeinflussten neuen Weltordnung sein. Ein kompetentes Buch zur rechten Zeit.
China steht für vieles – gewiss aber nicht für Umweltschutz (Smog wurde in allen größeren Städten längst Dauerbegleiter), Menschenrechte oder gar eine basisdemokratische Mitentscheidungsebene. Präsident Xi Jinping hat sich erst heuer über den Volkskongress die Möglichkeit auf unbeschränkte Wiederwahl gesichert. Parallel dazu läuft ohne Unterlass eine omnipotente Zensur-Apparatur, auch über sogenannte Sozialkredite. Vieles sorgt für Unbehagen – auf der anderen Seite erneuerte sich China in den letzten Jahren im Überholgang, wurde modern in vielen Facetten: Zu anschwellender Wirtschaftskraft und wachsendem Konsumhunger gesellte sich gestärktes Selbstverständnis. Was etwa die eigene Autoindustrie nicht liefert, bestellt man sich teuer aus Deutschland. Vor dem nahenden Zusammentreffen von Xi mit dem US-Präsidenten Donald Trump verlangt Peking nun eindringlich Handelsgespräche auf Augenhöhe. Es ist somit längst nicht mehr die Frage, ob, sondern wie man sich mit dieser Volksrepublik arrangieren kann. unt, anschaulich, in seinen alltäglichen Seltsamkeiten greifbar wird der sozialistische Superstaat im Buch vor allem auch durch „Kerstins Tagebuch“-Einträge, mit dem die in Hamburg Geborene und seit gut 30 Jahren mit Raimund Löw Verheiratete viel „Menschelndes“einstreut: Die Psychologin, Autorin und Dozentin liefert Eindrücke ihres gemeinsamen Lebens vor Ort, wie man sie sonst nicht bekommt. Echter Mehrwert.
Supermacht ist China längst – ob es Weltmacht Nummer eins wird, wird uns womöglich bereits die kommende Dekade weisen. Weltmacht China. Residenz-Verlag, 256 Seiten, 24 Euro.
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