Der Kurswechsel des Kanzlers
Damit hatte Arik Brauer nicht gerechnet. Nach seiner auf Hebräisch gehaltenen Rede beim Empfang zur hochkarätig besetzten Antisemitismuskonferenz im Kuppelsaal des Naturhistorischen Museums tauchte Kanzler Sebastian Kurz außer Protokoll auf der Bühne auf, um dem Künstler das Große Goldene Ehrenzeichen zu überreichen. Kurz ergriff das Wort, geißelte Antisemitismus und Antizionismus „als zwei Seiten einer Medaille“, erklärte, Israels Sicherheit sei „nicht verhandelbar“. Zuvor hatte Brauer das „Israel-Bashing“linker und rechter Kreise gebrandmarkt. Tosender Applaus. nter Kurz hat Österreich eine nicht unumstrittene Kursänderung in der NahostPolitik vollzogen, die Kreisky’sche Äquidistanz zwischen Israel und den Palästinensern ist Geschichte. Jüngste Belege: Erstmals in der Geschichte sollen die EU-Regierungschefs auf Betreiben des österreichischen Vorsitzes auf einem Gipfel eine AntisemitismusErklärung verabschieden. Und bei der Wahl Palästinas zum Vorsitz der informellen G-77-
UGruppe enthielt sich Österreich im Herbst in der UNO der Stimme. Von den 193 Mitgliedern stimmten drei dagegen, 15 Länder, darunter Österreich, versagten den Palästinensern die Unterstützung. „Früher hätten wir mitgestimmt“, räumt ein Insider ein. Im Juni rollte Israels Premier
dem Kanzler den roten Teppich aus, der Besuch in den palästinensischen Gebieten unterblieb. In der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) ist Kurz ein Dauergast. ie These, der Kanzler positioniere sich als „IsraelVersteher“, um den Makel der blauen Regierungsbeteiligung zu kompensieren, greift zu kurz. Schon als Außenminister betrieb er eine Israelfreundliche Politik. Und so ergibt sich die politische Groteske, dass die jüdische Welt gute Kontakte zum Kanzler unterhält, während der Koalitionspartner, dessen Wiener Gemeinderäte erst kürzlich der NS-Ikone Walter Nowotny am Grab gehuldigt haben, auf der Watchlist der IKG und Israels steht. Und von Kurz gleich gar nicht zur Antisemitismus-Gala geladen war.
DEhrenzeichen für Brauer: Kurz