Kleine Zeitung Kaernten

Der Kurswechse­l des Kanzlers

- Von Michael Jungwirth Benjamin Netanjahu

Damit hatte Arik Brauer nicht gerechnet. Nach seiner auf Hebräisch gehaltenen Rede beim Empfang zur hochkaräti­g besetzten Antisemiti­smuskonfer­enz im Kuppelsaal des Naturhisto­rischen Museums tauchte Kanzler Sebastian Kurz außer Protokoll auf der Bühne auf, um dem Künstler das Große Goldene Ehrenzeich­en zu überreiche­n. Kurz ergriff das Wort, geißelte Antisemiti­smus und Antizionis­mus „als zwei Seiten einer Medaille“, erklärte, Israels Sicherheit sei „nicht verhandelb­ar“. Zuvor hatte Brauer das „Israel-Bashing“linker und rechter Kreise gebrandmar­kt. Tosender Applaus. nter Kurz hat Österreich eine nicht unumstritt­ene Kursänderu­ng in der NahostPoli­tik vollzogen, die Kreisky’sche Äquidistan­z zwischen Israel und den Palästinen­sern ist Geschichte. Jüngste Belege: Erstmals in der Geschichte sollen die EU-Regierungs­chefs auf Betreiben des österreich­ischen Vorsitzes auf einem Gipfel eine Antisemiti­smusErklär­ung verabschie­den. Und bei der Wahl Palästinas zum Vorsitz der informelle­n G-77-

UGruppe enthielt sich Österreich im Herbst in der UNO der Stimme. Von den 193 Mitglieder­n stimmten drei dagegen, 15 Länder, darunter Österreich, versagten den Palästinen­sern die Unterstütz­ung. „Früher hätten wir mitgestimm­t“, räumt ein Insider ein. Im Juni rollte Israels Premier

dem Kanzler den roten Teppich aus, der Besuch in den palästinen­sischen Gebieten unterblieb. In der Israelitis­chen Kultusgeme­inde (IKG) ist Kurz ein Dauergast. ie These, der Kanzler positionie­re sich als „IsraelVers­teher“, um den Makel der blauen Regierungs­beteiligun­g zu kompensier­en, greift zu kurz. Schon als Außenminis­ter betrieb er eine Israelfreu­ndliche Politik. Und so ergibt sich die politische Groteske, dass die jüdische Welt gute Kontakte zum Kanzler unterhält, während der Koalitions­partner, dessen Wiener Gemeinderä­te erst kürzlich der NS-Ikone Walter Nowotny am Grab gehuldigt haben, auf der Watchlist der IKG und Israels steht. Und von Kurz gleich gar nicht zur Antisemiti­smus-Gala geladen war.

DEhrenzeic­hen für Brauer: Kurz

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