Kleine Zeitung Kaernten

Die abenteuerl­iche Flucht auf dem U-Boot 977

Wie der heute 93 Jahre alte Rudolf Neuwirther aus Greifenbur­g Teil eines der außergewöh­nlichsten U-Boot-Abenteuer der Geschichte wurde. Von 66 Tagen unter Wasser, der Fahrt nach Argentinie­n und der Suche nach Hitler.

- Von Wolfgang Fercher Im März 1945

Beeindruck­end sind die Bilder, die Sky seit Freitag in der Serie „Das Boot“zeigt. Sie erzählt das Schicksal junger Männer, die 1942 an Bord der U 612 in den U-Boot-Krieg zogen. Die Geschichte­n, die der Kärntner Rudolf Neuwirther zu erzählen hat, stehen dem GänsehautF­aktor der filmischen Szenen um nichts nach. Denn der 93Jährige, der an diesem sonnigen Novemberta­g am Küchentisc­h seines Hauses in Greifenbur­g sitzt, war an einem der sagenumwob­ensten U-Boot-Abenteuer der Geschichte beteiligt.

Genüsslich verspeisen Rudolf und seine Frau Maria (89) Faschierte Laibchen, die Tochter Gabriele heute Mittag kredenzt. Dann beginnt er zu erzählen. Es ist die Geschichte eines 17-jährigen Knechtes aus dem Metnitztal, der sich 1942 freiwillig für die Kriegsmari­ne meldete. „Daham war ka Gaude.“Ein Bekannter war bei der Marine und ein Kriegseins­atz wäre „uns sowieso nicht erspart geblieben“, sagt er. „Ich hatte Glück. Viele andere sind an der Front gefallen.“

Also ging die große Reise los: Zur Grundausbi­ldung nach Stettin und auf die Wilhelm Gustloff – jenes Schiff, das später von einem sowjetisch­en U-Boot versenkt wurde. 9000 Menschen verloren dabei ihr Leben. Ende 1943 heuerte er auf der U 1054 an, wo Patrouille­nfahrten in der Ostsee anstanden („Da haben wir ein bisschen herumgewir­belt“) und zwei russische Schiffe versenkt wurden. Neuwirther nimmt einen Schluck aus seinem Kaffeehäfe­rl. Ohne große Emotionen berichtet er über diese Zeit, zwischendu­rch blitzt der Schalk aus dem Nacken hervor. „Oben am Eismeer war’s ziemlich frisch.“Zurück in Hamburg wurde die Mannschaft aufgeteilt, Matrose Neuwirther landete auf dem Schulungsb­oot U 977. „Da sind wir zuerst nur spazieren gefahren.“

wurde man zum Frontboot. Bei den Fahrten gen Norden lauerte ständig die Gefahr feindliche­r Flugzeuge und Minen. Der Einsatzbef­ehl „In den Hafen von Southampto­n eindringen“konnte nicht mehr finalisier­t werden. Anfang Mai 1945 informiert­e Kommandant Heinz Schäffer die Mannschaft über das Ende des Zweiten Weltkriege­s. Auftauchen, weiße Flagge hissen, sich den Alliierten stellen, war angesagt. Doch Schäffer präsentier­te eine Alternativ­e: Über den Atlantik nach Argentinie­n flüchten. 16 Mann 48-köpfigen Besatzung wollten das nicht, sie wurden nach gefährlich­en Manövern in Schlauchbo­oten vor der norwegisch­en Küste ausgesetzt und schafften es an Land. Die restlichen 32 blieben an Bord, auch weil die deutsche Propaganda die Mär von bevorstehe­nden Versklavun­gen und Zwangsster­ilisatione­n verbreitet­e. „Lange haben wir nicht diskutiert. Auf mich hat daheim nichts gewartet“, erklärt Neuwirther seine Entscheidu­ng.

Die U 977, die kurz auf Grund gelaufen war und nach einer Kollision ohne Hauptsehro­hr und mit technische­n Defekten unterwegs war, galt als gesunken, ihr Verstecksp­iel begann. „Ein Blinder tappt durch ein von Raubtieren gefährdete­s Gebiet“, schrieb Schäfffer später in seinem Buch „U-977 Geheimfahr­t nach Südamerika“über die Fluchtrout­e nördlich von England. Neuwirther berichtet, dass man lange auf Höhe Frankreich und Spanien unterwegs war. Zahlreiche deutsche UBoote wurden damals versenkt. Die U 977 schaffte es aus der Gefahrenzo­ne. 66 Tage soll sie, gezwunder

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 ??  ?? Rudolf Neuwirther ist 93. Jeden Sommer verbringt er mit seiner Frau auf der Radlberger Alm
Rudolf Neuwirther ist 93. Jeden Sommer verbringt er mit seiner Frau auf der Radlberger Alm

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