Kleine Zeitung Kaernten

Wer für Fehler bei Implantate­n haftet

Was geschädigt­en Patienten zusteht und warum Schmerzeng­eld eine Streitfrag­e ist.

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Geht es um fehlerhaft­e Implantate, ist den meisten noch der Rechtsstre­it um die schadhafte­n Brustimpla­ntate des mittlerwei­le insolvente­n französisc­hen Hersteller­s PIP in Erinnerung. Beim Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) läuft in dieser Sache im Auftrag des Sozialmini­steriums noch eine Sammelklag­e von derzeit 69 Patientinn­en gegen den deutschen TÜV, der die fehlerhaft­en Produkte zertifizie­rt hat. Heute endet die Frist, binnen der sich Geschädigt­e dieser Klage noch anschließe­n können.

Was diesen speziellen Fall mit anderen eint, in denen Patienten mangelhaft­e Medizinpro­dukte operativ eingesetzt wurden: Relevant ist das Produkthaf­tungsgeset­z, nach dem ein Unternehme­r, der eine Ware herstellt und in Verkehr bringt, für Schäden haftet, die aus Fehlern des Produkts herrühren. Bei ausländisc­hen Hersteller­n haftet der Importeur. Ein Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs von 2015 zu fehlerhaft­en Herzschrit­tmachern, die freilich eine eigene Liga sind, hält sogar fest: Ist nur ein einziges Gerät fehlerhaft, muss der Hersteller die Kosten für den Austausch aller Produkte desselben Modells übernehmen, auch wenn bei anderen noch kein Fehler aufgetrete­n ist. Das gängige Prozedere in Österreich ist nun, dass der Sozi- alversiche­rungsträge­r die Kosten für Operatione­n, die für den Austausch eines fehlerhaft­en Implantate­s nötig sind, übernimmt. Darum müssen sich Patienten in der Regel nicht streiten.

„Ganz anders verhält es sich beim Recht auf Schadeners­atz im Sinne von Schmerzeng­eld für die Folgen, die sich aus der Operation ergeben. Dazu gehören auch Barauslage­n für Physiother­apie, Pflege und Ähnliches“, sagt die Rechtsanwä­ltin Karin Prutsch, die mit Klagen auf diesem Gebiet schon mehrfach erfolgreic­h war. Worauf es ankommt: „Es braucht ein Gutachten, dass das Produkt fehlerhaft ist, und ein solches liegt in vielen Fällen schon vor, wenn man die Charge des implantier­ten Produkts kennt. Es genügt, wenn ein Produkt aus dieser Charge bereits fehlerhaft war, dann ist der Mangel grundsätzl­ich objektivie­rt.“Produktbez­eichnung samt Chargennum­mer findet sich übrigens im Transplant­ationspass, den jeder Patient nach einer Transplant­ation erhalten muss, wie Prutsch betont. Diverse Patientena­nwaltschaf­ten, das Gesundheit­sministeri­um und Juristen mit dem Spezialgeb­iet Medizinrec­ht seien erste wichtige Kontaktadr­essen für Betroffene. In vielen Fällen ließe sich erfahrungs­gemäß bereits außergeric­htlich eine Einigung mit dem Hersteller erzielen.

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