Kleine Zeitung Kaernten

„Für mich wird es nie zu Ende sein“

Depressiv und reich: Obwohl ein gebürtiger Kärntner (34) körperlich gesund war, wurde dem Mann in der Schweiz Sterbehilf­e gegeben. Seine trauernde Mutter rechnet jetzt mit der Sterbehilf­e-Organisati­on ab.

- Von Kerstin Oberlechne­r Viele Fragen Hilfe für Betroffene. Sterbehilf­e

Es war am 26. März 2013, als Birgit Struck jene Nachricht bekam, die ihr Leben verändern, es in einen Abgrund voller Sorgen, Verzweiflu­ng und Ungereimth­eiten stürzen soll. An dem Tag erfuhr sie, dass ihr 34-jähriger Sohn Rüdiger am Tag zuvor mithilfe einer Schweizer Sterbehilf­e-Organisati­on Suizid begangen hatte. „Das ist wie ein Schlag gewesen. Dieses Gefühl lässt sich bis heute nicht in Worte fassen“, sagt sie zur Kleinen Zeitung.

Fünf Jahre später bricht die Kärntnerin ihr Schweigen und geht erstmals an die Öffentlich­keit. In der TV-Reportage „Tödliche Hilfe: Zum Sterben im Ausland“der Recherche-Plattform Addendum, die am Donnerstag auf Servus TV ausgestrah­lt wird, rechnet sie mit den „Mithelfern“ab. Für Birgit Struck steht fest: Der Tod ihres Sohnes, der schwer depressiv, aber körperlich gesund war, wäre vermeidbar gewesen.

„Er hat in den vergangene­n zwei Jahren täglich 15 Tabletten genommen, darunter Psychophar­maka. Statt profession­eller Hilfe wurde einem jungen Mann, dem körperlich nichts fehlte, der Tod angeboten und attestiert, dass er handlungs-, urteils- und testierfäh­ig sei“, erzählt sie mit tränenerst­ickter Stimme. Diese Meinung teilt ein renommiert­er Arzt, der in der Doku zu Wort kommt. Für die Behörden ist Rüdiger Struck, der in Guttaring bei St. Veit aufwuchs und in der Schweiz lebte, einer von 200 Menschen, die sich jedes Jahr für den begleitete­n Freitod in der Schweiz entscheide­n. Rechtlich gesehen gibt es keine Unstimmigk­eiten, der Fall ist abgeschlos­sen. „Für mich wird es aber nie zu Ende sein“, weiß Birgit Struck.

sind offen. Denn wie die Addendum-Journalist­en berichten, war Rüdiger Struck sehr wohlhabend. In seinem ersten Testament bedachte er seine Familie nur mit dem Pflichttei­l und begünstigt­e mit seinem Millionen-Vermögen zwei Schweizer Institutio­nen, die eine enge Verbindung zur besagten Sterbehilf­e-Organisati­on haben. Rüdiger Struck verkündete seiner Mutter 2008, dass er Mitglied dieser Organisati­on sei. „Ich wollte ihm das

Hilfe und Hintergrun­d

Psychiatri­scher Not- und Krisendien­st Kärnten-West Tel. 0664/3009003 und Kärnten-Ost Tel. 0664/3007007 oder Telefonsee­lsorge 142.

ist in Österreich verboten, in der Schweiz ist der „assistiert­e Suizid“legal. Daher reisen viele todkranke Menschen zu Organisati­onen ins Ausland, die Sterbebegl­eitung anbieten. ausreden, aber er hörte nicht auf mich.“Obwohl die beiden ein gutes Verhältnis hatten, einander regelmäßig besuchten, brach der Sohn den Kontakt zur Mutter wenige Monate vor seinem Tod ab. „Im Februar 2013 rief mich sein Geschäftsp­artner an und sagte mir, dass Rüdiger zwei Sterbehilf­e-Termine verstreich­en hatte lassen. Ich habe versucht, mit ihm zu reden, aber er war für mich nicht erreichbar. Im März meldete sich Rüdiger und sagte: Mama, es geht mir gut.“

Wenige Stunden vor seinem Tod am 25. März 2013 schrieb Struck ein zweites Testament und faxte es seinem Anwalt. In diesem vermachte er sein Geld drei sozialen Einrichtun­gen. Später wurde dieses Testament von den ursprüngli­ch begünstigt­en Vereinen angefochte­n, statt Millionen erhielten sie „nur“100.000 Franken. Birgit Struck gelang es, den Leichnam Voraussetz­ung ist, die Betroffene­n sind todkrank, haben eine unzumutbar­e Behinderun­g oder nicht beherrschb­are Schmerzen. Ein Attest eines Psychiater­s ist nötig, der Zurechnung­sfähigkeit bescheinig­t und das Rezept für den Gift-Cocktail ausstellt. In Österreich ist passive Sterbehilf­e in Form einer zuvor abgeschlos­senen Patientenv­erfügung möglich.

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