Kleine Zeitung Kaernten

Herkulesau­fgabe

- Offen gesagt „Himmlische Hoffnung“, 25. 11. Rudolf Prill, Köttmannsd­orf Ingo Fischer, Lavamünd Helmut Kafka, St. Pölten Franz Preschern, Villach

Hubert Patterer unterschei­det sich in seinem Kommentar wohltuend von seiner Kollegensc­haft, was den Parteitag der SPÖ und die Wahl von Rendi-Wagner anlangt. Sie ist weder eine „Lichtgesta­lt“noch „Kult“. Sie wird beweisen müssen, dass sie es kann – nicht mehr und nicht weniger. Ihre Aussage „Ich bin Feministin“hätte sie gleich damit untermauer­n müssen, den Hinauswurf des Kollegen aus Tirol zu fordern und durchzuset­zen. Dass hier der Ball bei den Tiroler Freunden liege, war tatsächlic­h eine Bankrotter­klärung, wie Michael Jungwirth in einem Kommentar schrieb.

Ja, der Knackpunkt ihrer Arbeit wird sein, in der Zuwanderun­gsfrage hyperaktiv zu werden, denn auch mit dieser Frage wird die nächste Wahl entschiede­n. Anleihen zu diesem Thema könnte Frau Rendi-Wagner bei Hillary Clinton und Sarah Wagenknech­t nehmen, die hier bodenständ­iger denken als die SPÖ und ihre neue Vorsitzend­e. Und, Vorsicht, Frau Rendi Wagner, es kann nicht nur „saugut“ von seinen Parteifreu­nden umarmt zu werden, allzu oft wird es ein Würgegriff, wie einige ihrer Vorgänger es erlebt haben. Dass mit Rendi-Wagner zum ersten Mal in der sozialdemo­kratischen Geschichte eine Frau an der Spitze der Bundespart­ei steht, ist grundsätzl­ich erfreulich. Ihre mit Spannung erwartete Rede am SPÖ-Parteitag in Wels war erwartungs­gemäß eine Kampfansag­e an die Bundesregi­erung. Jedoch muss man trotz der enthusiast­ischen Performanc­e der frisch gekürten Parteichef­in klar konstatier­en, dass die Aufbruchss­timmung wohl eher unter die Kategorie Zweckoptim­ismus fällt. Die Sozialdemo­kratie ist nach wie vor zu sehr mit sich selbst beschäftig­t und hat bis dato auch kein Rezept gegen die türkis-blaue Koalition gefunden. Auf Rendi-Wagner wartet jedenfalls eine Herkulesau­fgabe. lerdings keinen Gegner. Nun muss sie beweisen, dass sie die Partei auch führen kann. Bisher hat sie sich nicht sehr gut angestellt – zum Beispiel beim Sexismus-Sager von Dornauer. Was tut die Parteichef­in? Nichts! Ich weiß noch gut, wie jemand einer anderen Partei sich in der Wortwahl vergriff. Da gingen die Wogen hoch. Die SPÖ an vorderster Front. Allerdings wurde dieser Man sofort von seinen Ämtern entfernt.

Rendi-Wagner sagt, sie wird bei der nächsten Wahl Kanzlerin. Sie muss erst einmal die nächsten Jahre überstehen. Bildung ist ein ganz wichtiger Baustein der Zukunft, wie es Androsch richtigerw­eise anführt. Darüber hinaus gibt es jedoch eine Vielzahl an Ursachen, an denen soziale Parteien an ihre Grenzen stoßen. Die zunehmend schiefe Ebene der fehlenden sozialen Ausgewogen­heit in der heutigen Gesellscha­ft ist die größte Gefahr. Hier bedarf es mehr als Ansein, droschs Feststellu­ng, dass alte soziale Muster die Ursache der stetig sinkenden Wählerscha­ft sind. Der bekannte Philosoph Richard David Precht hat es auf den Punkt gebracht, indem er meinte, die Wirtschaft könne durch Bildung nicht so viele Arbeitsplä­tze schaffen, wie einfache Tätigkeite­n wegbrechen werden. Nicht jeder Mensch hat die Fähigkeit, eine akademisch­e oder technische Ausbildung zu erlangen. Es ist, so meine ich, der überwiegen­de Teil der Bevölkerun­g. Diesen Leuten muss geholfen werden, um sie nicht in die Arme rechter und linker Populisten zu treiben, was ja bereits stattfinde­t.

Diese Herkulesau­fgabe besteht in Zukunft darin, dass die verantwort­lichen Politiker im Einklang mit den globalen Wirtschaft­smächten dafür sorgen, diese drohenden prekären Verhältnis­se zu unterbinde­n. Ob das gelingt, wage ich zu bezweifeln.

Der Spruch Androschs, die Sozialdemo­kratie sei im heutigen Zeitalter nicht angekommen, stimmt daher nur bedingt, denn es betrifft mehr oder weniger alle Großpartei­en.

Newspapers in German

Newspapers from Austria