Herkulesaufgabe
Hubert Patterer unterscheidet sich in seinem Kommentar wohltuend von seiner Kollegenschaft, was den Parteitag der SPÖ und die Wahl von Rendi-Wagner anlangt. Sie ist weder eine „Lichtgestalt“noch „Kult“. Sie wird beweisen müssen, dass sie es kann – nicht mehr und nicht weniger. Ihre Aussage „Ich bin Feministin“hätte sie gleich damit untermauern müssen, den Hinauswurf des Kollegen aus Tirol zu fordern und durchzusetzen. Dass hier der Ball bei den Tiroler Freunden liege, war tatsächlich eine Bankrotterklärung, wie Michael Jungwirth in einem Kommentar schrieb.
Ja, der Knackpunkt ihrer Arbeit wird sein, in der Zuwanderungsfrage hyperaktiv zu werden, denn auch mit dieser Frage wird die nächste Wahl entschieden. Anleihen zu diesem Thema könnte Frau Rendi-Wagner bei Hillary Clinton und Sarah Wagenknecht nehmen, die hier bodenständiger denken als die SPÖ und ihre neue Vorsitzende. Und, Vorsicht, Frau Rendi Wagner, es kann nicht nur „saugut“ von seinen Parteifreunden umarmt zu werden, allzu oft wird es ein Würgegriff, wie einige ihrer Vorgänger es erlebt haben. Dass mit Rendi-Wagner zum ersten Mal in der sozialdemokratischen Geschichte eine Frau an der Spitze der Bundespartei steht, ist grundsätzlich erfreulich. Ihre mit Spannung erwartete Rede am SPÖ-Parteitag in Wels war erwartungsgemäß eine Kampfansage an die Bundesregierung. Jedoch muss man trotz der enthusiastischen Performance der frisch gekürten Parteichefin klar konstatieren, dass die Aufbruchsstimmung wohl eher unter die Kategorie Zweckoptimismus fällt. Die Sozialdemokratie ist nach wie vor zu sehr mit sich selbst beschäftigt und hat bis dato auch kein Rezept gegen die türkis-blaue Koalition gefunden. Auf Rendi-Wagner wartet jedenfalls eine Herkulesaufgabe. lerdings keinen Gegner. Nun muss sie beweisen, dass sie die Partei auch führen kann. Bisher hat sie sich nicht sehr gut angestellt – zum Beispiel beim Sexismus-Sager von Dornauer. Was tut die Parteichefin? Nichts! Ich weiß noch gut, wie jemand einer anderen Partei sich in der Wortwahl vergriff. Da gingen die Wogen hoch. Die SPÖ an vorderster Front. Allerdings wurde dieser Man sofort von seinen Ämtern entfernt.
Rendi-Wagner sagt, sie wird bei der nächsten Wahl Kanzlerin. Sie muss erst einmal die nächsten Jahre überstehen. Bildung ist ein ganz wichtiger Baustein der Zukunft, wie es Androsch richtigerweise anführt. Darüber hinaus gibt es jedoch eine Vielzahl an Ursachen, an denen soziale Parteien an ihre Grenzen stoßen. Die zunehmend schiefe Ebene der fehlenden sozialen Ausgewogenheit in der heutigen Gesellschaft ist die größte Gefahr. Hier bedarf es mehr als Ansein, droschs Feststellung, dass alte soziale Muster die Ursache der stetig sinkenden Wählerschaft sind. Der bekannte Philosoph Richard David Precht hat es auf den Punkt gebracht, indem er meinte, die Wirtschaft könne durch Bildung nicht so viele Arbeitsplätze schaffen, wie einfache Tätigkeiten wegbrechen werden. Nicht jeder Mensch hat die Fähigkeit, eine akademische oder technische Ausbildung zu erlangen. Es ist, so meine ich, der überwiegende Teil der Bevölkerung. Diesen Leuten muss geholfen werden, um sie nicht in die Arme rechter und linker Populisten zu treiben, was ja bereits stattfindet.
Diese Herkulesaufgabe besteht in Zukunft darin, dass die verantwortlichen Politiker im Einklang mit den globalen Wirtschaftsmächten dafür sorgen, diese drohenden prekären Verhältnisse zu unterbinden. Ob das gelingt, wage ich zu bezweifeln.
Der Spruch Androschs, die Sozialdemokratie sei im heutigen Zeitalter nicht angekommen, stimmt daher nur bedingt, denn es betrifft mehr oder weniger alle Großparteien.