Bruderzwist im Bullenstall?
Rein sportlich kann Salzburg heute im Europa-League-Duell mit Leipzig die ursprünglichen Konzernverhältnisse völlig umkehren.
Das heutige Spiel gehört zur Europa League, könnte aber auch als Stallduell bezeichnet werden. Nur ist diese Deutung mittlerweile nicht mehr gültig, denn Salzburg und Leipzig, beide im Sold von Red Bull, wurden in den vergangenen Jahren fein säuberlich voneinander getrennt. Dies passierte, weil die internationalen FußballBestimmungen besagen, dass kein Geldgeber maßgeblichen Einfluss auf zwei Vereine ausüben könne, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Daher ist der von Dietrich Mateschitz in die Welt gesetzte Energiespender bei Salzburg offiziell nur noch Hauptsponsor, bei Leipzig fungiert er als Eigentümer. Weil die Entflechtung glaubwürdig genug in Szene gesetzt wurde, dürfen beide Vereine im gleichen Bewerb antreten. Das Los wollte es, dass Salzburg und Leipzig in dieser Saison direkt aufeinanderprallen. Das beflügelt natürlich die Fantasien. Von Absprachen bis hin zur Stallorder werden alle theoretisch denkbaren Möglichkeiten durchgespielt. Doch schon die erste Begegnung zeigte, dass dies auf sportlicher Ebene so nicht passieren soll. Salzburg gewann in Leipzig und stellte damit die ursprüngliche konzerninterne Fußball-Hierarchie auf den Kopf. Dem kann der österreichische Serienmeister heute noch eins draufsetzen, wenn er Leipzig neuerlich bezwingt und damit womöglich den deutschen Verein aus dem Bewerb kippt.
Salzburg war, rein zeitlich gesehen, ohnehin die Nummer eins, denn Red Bull stieg schon 2005 ein, als der Traditionsklub Austria Salzburg geschluckt wurde. Anders verhielt es sich in Leipzig, wo der Verein von der Pike auf alle Instanzen durchlief. Der Einstieg erfolgte 2009 in der fünften Liga, 2016 gelang der Aufstieg in die deutsche Bundesliga und damit in die Erstklassigkeit. Fortan galt stets RB Leipzig als jener Klub, dem höchste Weihen zuteilwerden sollten, während Salzburg als „Farmteam“gehandelt wurde. Befeuert wurde diese Annahme durch die zahlreichen Spielerwechsel vom „kleinen“RedBull-Klub zum „großen“Bruder. Dies passiert hin und wieder nach wie vor, hat sich aber abgeschwächt. Leipzig wird in Deutschland von den sogenannten Traditionsvereinen, vor allem von deren Fans, als „Kommerzklub“mitunter heftig angefeindet. Dass Dortmund & Co. auch zum globalen Business dazugehören, wird geflissentlich übersehen.