Kleine Zeitung Kaernten

Der Staat als lachender Dritter

- Dénes Kucsera über den heimlichen Profiteur der diesjährig­en Lohnverhan­dlungen. Dénes Kucsera ist Ökonom bei Agenda Austria.

Nach sieben Verhandlun­gsrunden konnten sich die Metaller auf eine Lohnerhöhu­ng von 3,46 Prozent einigen. Dieser Abschluss bringt einem Arbeiter mit Durchschni­ttslohn aber nur 2,8 Prozent mehr netto am Lohnzettel, während sämtliche Abgaben um 4,2 Prozent steigen. Größter Profiteur dabei ist also der Staat.

Ein Grund für die ansteigend­en Abgaben an den Staat ist die kalte Progressio­n. Sie entsteht, wenn die Arbeitgebe­r die Einkommen an die Inflation anpassen, um so die Kaufkraft der Beschäftig­ten zu sichern. Gleichzeit­ig steigt aber damit die Steuerbela­stung, weil der Fiskus die um die Inflation erhöhten Bruttolöhn­e stärker besteuert. Die Arbeitnehm­er verdienen zwar mehr, können sich aber weniger davon leisten.

Zu den Leidtragen­den dieses Phänomens zählen alle Steuerzahl­er, also auch die Metaller. Nach der Lohnerhöhu­ng wird ein durchschni­ttlicher Arbeiter dieser Branche jährlich um 716 Euro mehr auf dem Konto haben. Wäre die kalte Progressio­n bei der Steuerrefo­rm 2016 abgeschaff­t worden, hätte er sich über weitere 262 Euro am Konto freuen können. Dabei wäre es ein Leichtes, die kalte Progressio­n zu eliminiere­n. In der Schweiz werden Tarife und Steuerabzü­ge jedes Jahr automatisc­h an die Inflation angepasst. Würde man in Österreich das Steuersyst­em jährlich um die steigenden Preise korrigiere­n, wäre die kalte Progressio­n de facto abgeschaff­t. Geschehen ist dies bis heute nicht – weil die Regierung mit den Mehreinnah­men Wählern lieber Steuerrefo­rmen „schenkt“. Dass damit die Belastung langfristi­g nicht sinkt, bleibt dem Steuerzahl­er oft verborgen.

Würde Österreich das Steuersyst­em jährlich um die steigenden Preisekorr­igieren, wäre die kalte Progressio­n de facto abgeschaff­t.

Für die Steuerzahl­er wäre ein Wegfall dieser unsichtbar­en Mehrbelast­ung jedenfalls eine große Erleichter­ung. Denn bis zur geplanten Anpassung im Jahr 2020 wird die Belastung durch die kalte Progressio­n auf insgesamt 3,8 Milliarden Euro angestiege­n sein. Dieser Betrag entspricht in etwa jener Entlastung für die Steuerzahl­er, die sich die Regierung durch die kommende Einkommens­teuerrefor­m erhofft. Eine Steuerrefo­rm, die von den Steuerzahl­ern schon bezahlt wurde, ohne dass sie davon wussten.

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