„So wird das Gift der Missgunst gestreut“
Gerechtere Löhne und sichere Arbeitsplätze zu schaffen, sei besser, als Sozialleistungen zu kürzen.
„Des Kanzlers Zahlenspiele und Schlupflöcher“, 30. 11., „Deutsch wird Schlüssel zur Sozialhilfe“, 29. 11.
Unser Kanzler hat gemeint, dass es für eine Gesellschaft Gift sei, wenn jemand, der arbeitet, gleich viel verdient wie der Bezieher einer Mindestsicherung. Er bringt dazu das Beispiel von einem schlecht bezahlten Koch oder einer Kassiererin in einem Supermarkt, die hart arbeitend mit ihrem Gehalt kaum über die Runden kommen. Und nun streut er selbst das Gift der Missgunst, indem er meint, dass solche Menschen es nicht einsehen würden, wenn jemand, der nicht arbeitetet, gleich viel an Mindestsicherung bekommt.
Jeder, der eine ordentlich bezahlte und zufriedenstellende Beschäftigung hat, gönnt den Bedürftigen die Leistungen des Sozialstaates und erkennt die Vorteile für den sozialen Frieden. Diesen gefährdet unsere Regierung in unverantwortlicher Weise, indem sie, aus politischen Gründen, schlechter gestellte Mitbürger gegeneinander ausspielt und Neid schürt.
Anreize für Arbeit werden nicht durch Kürzung der Mindestsicherung, sondern durch gerechtere Löhne und sichere Anstellungsverhältnisse geschaffen. Dafür hat die Politik zu sorgen.
Dr. Helmut Witzeling, Villach
Gerechtere Löhne
Die arbeitende Familie kann eh „aufstocken“, heißt es da: „Wer netto weniger als die ihm zustehende Mindestsicherung verdient, bekommt den Differenzbetrag ausgezahlt“– Von wem? Freilich vom Staat. Genau das aber ist das deutsche Hartz-4Modell: Aufstocken! Warum sind die Betriebe, ist die Wirtschaft nicht mehr bereit, or- dentliche Löhne zu zahlen, über dem Grundsicherungsbetrag der Mindestsicherung? Österreich ist ein so kleines Land, und die Politiker schaffen nicht einmal ein einheitliches, bundesweites System bei der Mindestsicherung?
Es scheint, mit der Mindestsicherung hat man so durchs Hintertürl das deutsche Hartz-4Modell eingeführt und es auch geschafft, bei den Ärmsten nun weiterhin Zugriff aufs Grundbuch zu nehmen. Dafür also müssen die Asylanten herhalten. Theodor Arbeiter, Hermagor
Neue Gettobildung
Sozial benachteiligte Kinder nehmen ihre Lage zwar anders wahr als Erwachsene, spüren ihre besondere Situation aber sehr wohl. Besonders auffallende Symptome bei in Armut lebenden Kindern sind Mangelernährung, langsamere Entwicklung bei Sprache und Bewegung, Vernachlässigung auf der Gefühlsebene sowie Schamund Minderwertigkeitsgefühle. Auch sind in Armut aufwach- sende Kinder anfälliger für Krankheiten. In Armut lebende Kinder haben oft weniger Freundschaften, damit gehen auch die so wichtigen Möglichkeiten der Freude und Entspannung verloren.
Ist es das alles, was die wirtschaftsund unternehmerfreundliche Regierung möchte? Dass die Schere zwischen Reich und Arm noch mehr auseinanderklafft und Kinder aus armen Familien gar keine Aufstiegschancen mehr haben? Dass eine neue Gettobildung bevorsteht? Was ist daran noch christlich? Für mich ist eine solche Politik und die „Reform“der Mindestsicherung einfach eine Schande und unwürdig für ein Land wie Österreich.
Mag. Wolfgang Unterlercher,
Klagenfurt
Der richtige Schritt
Die neue Mindestsicherung ist der richtige Schritt, um eine Ungerechtigkeit, die durch falschverstandene Solidarität entstanden ist, endlich abzuschaffen. Mit der Reform der Mindestsicherung werden künftig jene unterstützt, die wirklich Hilfe brauchen. Zugleich werden Anreize für Arbeitslose geschaffen, wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen. Die Mindestsicherung soll nicht die Arbeitslosigkeit wie bisher fördern, sondern muss Ansporn sein, arbeiten zu gehen. Das Leben sollte gerecht sein und daher muss, wer arbeitet, etwas davon haben.
Kurt Gärtner, Wels
Seltsame Logik
Manche Maßnahmen unserer Regierung entziehen sich meiner Logik. Da wird bekannt gegeben, dass jene Menschen, die mangelnde Sprachkenntnisse aufweisen, weniger Sozialleistungen erwarten können, und am gleichen Tag verkündet das AMS, dass 1200 (!) Sprachtrainer ihren Job verlieren werden, da sie auf Dauer nicht mehr gebraucht werden.
Oder stecken da andere Überlegungen dahinter?
Mag. Ilse Kettemann, Graz