„Wir brauchen beim Gipfel einen Erfolg“
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hofft auf mehr Tempo beim Kampf gegen die Erderwärmung.
Herr Bundespräsident, Sie haben vorab eine Initiative für mutigere Klimapolitik gestartet, die bei Europas Staatenlenkern breite Unterstützung fand. Was versprechen Sie sich davon?
ALEXANDER VAN DER BELLEN:
Es hat schon großes Gewicht, wenn inzwischen 19 europäische Staats- und Regierungschefs, darunter Deutschlands Bundespräsident Steinmeier, Italiens Staatspräsident Mattarella und der französische Präsident Macron, vor Beginn der wichtigen Welt-Klimakonferenz einen eindringlichen Appell an die Staatengemeinschaft richten. Ziel meiner Initiative ist es, das öffentliche Bewusstsein für die enorme Bedeutung der Konferenz zu stärken und einen Beitrag zum Erfolg zu leisten.
Was sind denn Ihre Erwartungen an den Klimagipfel?
Auf die Teilnehmer warten zwei schwierige Verhandlungswochen, viele komplexe Themen sind offen. Das wegweisende Pariser Klimaübereinkommen von 2015 muss jetzt mit Leben erfüllt werden. Ich hoffe sehr, dass Hürden überwunden werden können. Wir brauchen einen Erfolg, wenn wir unseren Kindern und Enkelkindern eine lebenswerte Welt übergeben wollen.
Die Wissenschaft sagt, dass die bisher weltweit getätigten Zusagen beim CO2 bei Weitem nicht ausreichen. Soll die EU ihre Ziele für 2030 erhöhen?
Es ist evident, dass wir rasch handeln müssen. Die EU hat vor wenigen Tagen eine neue Klimastrategie vorgelegt. EUKlimakommissar Miguel Arias Cañete schlägt konkret vor, dass Europa als erste Volkswirtschaft der Welt bis 2050 klimaneutral wird. Das ist der richtige Weg. Der jüngste Bericht des Weltklimarates ist ja eindeutig: Wenn wir nicht mehr tun, werden wir den Kampf gegen die Klimaerhitzung verlieren. Die Lebensbedingungen für uns Menschen auf der Erde würden sich deutlich verschlechtern. Das dürfen wir nicht zulassen.
Österreich ist vor allem in Sachen Verkehr nicht auf Klimakurs. Wünschen Sie sich von der Regierung mehr Ambition?
Die Bundesregierung und insbesondere die Umweltministerin haben derzeit einen Hauptjob, nämlich als Vorsitzland die EU-Position bei der Klimakonferenz in Polen zu vertreten. Soweit ich höre, läuft das sehr gut. Ministerin Elisabeth Köstinger hat für diese Aufgabe meine volle Unterstützung. Was Österreichs Klimapolitik im Inland betrifft, so hat die Bundesregierung im April 2018 eine Klimastrategie vorgelegt, bei der es jetzt darum geht, diese mit Leben zu erfüllen.
Tempo 140 auf Autobahnen, dritte Flughaftenpiste in Schwechat, keine Ökologisierung des Steuersystems– steuert unser Land in die richtige Richtung?
Alle Staaten müssen rasch an der Umsetzung wirksamer Maßnahmen gegen die Klimaerhitzung arbeiten. Ob Österreich in die richtige Richtung steuert, wird davon abhängen, wie engagiert die Umsetzung der Klimastrategie angegangen wird. Dass es dabei Maßnahmen gibt, die wirksamer sind, wie etwa eine Ökologisierung des Steuersystems, und andere, die weniger hilfreich sind, liegt auf der Hand.