Kleine Zeitung Kaernten

Finanzsteu­er in Zehnerrund­e zu Grabe getragen

Nach Jahren des Verhandeln­s ist die Idee einer Finanztran­saktionsst­euer zu Ende gedacht, stattdesse­n könnte eine Art Aktiensteu­er in allen EU-Ländern kommen. Ein Vorschlag, der nicht nur in Österreich auf Kritik stößt.

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Erst waren es elf, dann zehn Länder. Jahrelang hatte eine Gruppe von EU-Mitgliedsl­ändern, darunter auch Österreich, nach dem Schock der Finanzkris­e an der Idee einer Finanztran­saktionsst­euer gefeilt; weit war man in der langen Zeit ohnehin nicht gekommen, gestern gab Finanzmini­ster Hartwig Löger (ÖVP) als Ratsvorsit­zender am Beginn einer Eurogruppe­nsitzung in Brüssel das faktische Ende dieses Plans bekannt. Stattdesse­n könnte nun ein Vorschlag umgesetzt werden, den Deutschlan­d und Frankreich gemeinsam entwickelt haben.

„Wir haben heute die Chance genutzt, eine erste Bewertung dieses deutsch-französisc­hen Vorschlags vorzunehme­n“, so Löger. Es brauche aber noch einen detaillier­ten Ansatz auf rechtliche­r Ebene, das soll bis zur nächsten Ecofin-Sitzung im Jänner erledigt sein. Jedoch: „Dieser Vorschlag hat nicht mehr den Anspruch einer Finanztran­saktionsst­euer, wie er seit Jahren diskutiert wird. Es ist eine Alternativ­e.“Der Plan zielt auf eine Aktienbest­euerung ab, einige Länder aus der Gruppe hätten bereits ihre Zustimmung signalisie­rt – welche und wie viele genau, wollte Lö-

ger nicht sagen. Es gehe bei den Überlegung­en auch um die Frage, inwiefern das für den mehrjährig­en Finanzrahm­en oder die Eigenmitte­lbildung der EU relevant sei.

Der deutsche Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) sieht das bereits 2012 eingeführt­e französisc­he Modell als praktikabl­e Grundlage für Einnahmen für ein zukünftige­s Eurozonen-Budget. In Frankreich werden alle Transaktio­nen von im Inland emittierte­n Aktien, Fonds und Anleihen besteuert – vorausge-

setzt, die Marktkapit­alisierung der dahinterst­ehenden Unternehme­n liegt bei mehr als einer Milliarde Euro. Nicht erfasst sind dabei aber Geschäfte mit anderen Finanztite­ln wie Derivate oder Anleihen. Das System könnte allerdings auch ein Stolperste­in werden, denn als „Motivation­sfaktor“zur Einführung der neuen Steuer sollen die EU-Staaten die Einnahmen von ihrem Beitrag zum EU-Haushalt wieder abziehen dürfen, was in der Berechnung nicht einfach wird.

Während Hartwig Löger an der ursprüngli­chen Idee mit „breiter Bemessungs­grundlage“festhalten möchte, gab es an der Entwicklun­g aus Österreich harsche Kritik. Die Globalisie­rungsgegne­r von Attac sehen darin den Beweis, dass sich die Finanzlobb­ys gegen die Interessen der Mehrheit der Menschen durchgeset­zt haben. Die Grünen im Europaparl­ament sprachen von „Etikettens­chwindel“. Der deutsche CSU-Europaabge­ordnete Markus Ferber fand, das deutsch-französisc­he Vorhaben sei „meilenweit vom eigentlich­en Ziel entfernt“, zu einer „fairen Beteiligun­g der Finanzmärk­te an den Kosten“von Krisen zu kommen. In der jetzigen Form führe es dazu, „dass vor allem Kleinspare­r die Zeche zahlen müssen“.

In Vorbereitu­ng auf den EU-Gipfel kommende Woche haben sich die Finanzmini­ster aber auch noch mit einer Reihe weiterer Themen zu beschäftig­en. Sie wollen die Weichen für eine Reform der Währungsun­ion stellen, um in Zukunft einen besseren Schutz vor Bankenplei­ten und eine Stärkung des Euro-Rettungsfo­nds ESM zu ermögliche­n. Unklar ist, ob es eine Einigung bei der „Digitalste­uer“gibt. Gestern Abend sprach sich das EU-Parlament für eine stärkere Besteuerun­g der Internet-Riesen aus, die Mitgliedsl­änder sind gespalten. Notfalls, so Löger, gebe es eine eigene Steuer in Österreich.

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Von unserem Korrespond­entenAndre­as Liebaus Brüssel
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APA Deutsch-französisc­her Plan: Aktien- statt Transaktio­nssteuer
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APA „Alternativ­e“: H. Löger

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