Wo der Zuzug doch gewollt ist
Die Regierung setzt jetzt verstärkt auf Fachkräfte aus dem Ausland. In Kärnten wird der Maurer zu einem zusätzlichen Mangelberuf.
Beginnen wir diese Geschichte doch mit einem Blick auf den 4. Juni 2019. Maximal sechs Monate lang dürfen sich nämlich Menschen, die nicht aus den Ländern des „Europäischen Wirtschaftsraums“(EWR) oder der Schweiz stammen, für gewöhnlich mit einem Visum in Österreich aufhalten. Wollen „Drittstaatsangehörige“länger im Land bleiben, wird’s kompliziert. Die prominenteste Möglichkeit, um weiter in Österreich arbeiten und leben zu können, heißt „Rot-Weiß-RotKarte“. 2011 ins Leben gerufen, wurden von der Bewilligung zuletzt gut 2000 Stück pro Jahr vergeben. In Kärnten haben derzeit laut AMS-Chef Franz Zewell rund 200 Personen die Karte.
Aufgesetzt wurde sie für „besonders Hochqualifizierte“, „sonstige Schlüsselkräfte“(z. B. Sportler) aber auch „Fachkräfte in Mangelberufen“. Eine GrupMaurer
pe, auf die Österreichs Regierung nun ein verstärktes Augenmerk legen will.
Neben grundsätzlichen Erleichterungen bei der Beantragung einer Rot-Weiß-Rot-Karte (siehe Infobox), soll nämlich die sogenannte „Mangelberufsliste“– deren Basis ist das Verhältnis zwischen offenen Stellen und nach diesen Jobs suchenden Arbeitslosen – per Verordnung neu aufgestellt werden. Im ersten Schritt wird die bundesweite Liste von aktuell 27 auf in Summe 45 Berufe ausgeweitet. Wie der „diplomierte Krankenpfleger“scheint fortan auch der
Koch quer über die Landesgrenzen hinweg als Mangelberuf auf, während Kellner nur in Salzburg, Tirol und Vorarlberg gesondert behandelt werden. Wie das? Zusätzlich zur Bundesliste soll es fortan sieben auf regionale Arbeitsmärkte abgestimmte Bundesländerlisten geben. Nur Wien und das Burgenland bleiben vorerst außen vor.
Im Rest des Landes unterscheiden sich die Listen dafür deutlich: Während in Oberösterreich 18 Berufe „regionalisiert“werden und in der Steiermark sechs, ist es in Kärnten mit dem nur ein einziger. Man müsse „international um die besten Köpfe werben“, heißt es von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck. Und das funktionier nur „mit einem modernen und praktikablen Rahmen“. In Kraft treten soll die Verordnung bereits mit 1. Jänner, begrenzt ist das über regionale Listen vergebene Kontingent in Summe übrigens auf gerade einmal 300 jährliche Plätze. Beobachter orten hier ein Zugeständnis an die FPÖ, die ihrerseits vom Absenken der Mindestgehälter bei der Rot-WeißRot-Karte wenig angetan gewesen sei.
Von Wirtschaftsverbänden wird die Reform begrüßt. In der Tourismussparte der Wirtschaftskammer sieht man – vor dem Hintergrund des „akuten Mitarbeitermangels“– eine „langjährige Forderung erfüllt“. WK-Präsident Harald Mahrer sieht einen „ganz wichtigen Baustein im Kampf gegen den Fachkräftemangel“, freut sich, „dass sich die Umsetzung künftig näher an der betrieblichen
Praxis orientiert“und sieht einzig die regionale 300-Posten-Begrenzung als Wermutstropfen.
Der Chef der Baugewerkschaft und SPÖ-Sozialsprecher, Josef Muchitsch, übt indes scharfe Kritik: „Statt junge arbeitswillige Asylwerber in der Berufsausbildung in Mangelberufen zu belassen, mehr Anreize für Firmen bei der Lehrausbildung und bei Beschäftigung von Menschen über 50 zu schaffen, wirbt diese Regierung außerhalb Europas um neue Arbeitskräfte.“Er befürchte, dass der Lohndruck steige und dass mehr Menschen „Ansprüche aus unserem Sozialsystem erwerben, die bei einem Konjunkturabschwung sofort in Anspruch genommen werden“. Er ortet auch Widersprüche: „Wenn es da um die so oft zitierten hoch qualifizierten Kräfte geht, warum senkt man dann die Einkommensgrenze bei der Rot-Weiß-Rot-Karte um 500 Euro im Monat?“