NEIN ZU EINER PFLEGEVERSICHERUNG sagt SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner.
Die neue SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner erzählt, warum sie einst aus der Kirche austrat. Beim Thema Pflege ist sie gegen eine Versicherung.
Die Tiroler SPÖ stellt sich hinter Georg Dornauer. Sind Sie darüber erleichtert oder empört?
PAMELA RENDI-WAGNER: Die getätigte Aussage war inakzeptabel, das ist Sexismus und hat für mich weder in noch außerhalb der Partei etwas zu suchen. Daher habe ich verhindert, dass er als Landesparteivorsitzender in die Bundesgremien einzieht. Die Tiroler Entscheidung kam demokratisch zustande. Ich nehme sie klar zur Kenntnis.
Die SPÖ ist für das Kopftuchverbot, aber gegen die Verbannung aller religiösen Symbole aus dem öffentlichen Raum. Können Sie das präzisieren? Das Kopftuchverbot ist eine Antwort auf ein integrationspolitisches Problem. Aber für eine gelungene Integration braucht es weit mehr. Wir befürworten daher das Verbot nur in Kombination mit einem gut funktionierenden Integrationspaket für die Schulen. Die Regierung wählte den anderen Weg, sie hat die Integrationsmittel deutlich gekürzt und das KopftuchverIch bot als reine Symbolmaßnahme gemacht. Das ist für mich nicht ernst zu nehmende Politik.
Aber das Kreuz im Klassenzimmer kann bleiben. Ich finde, da werden zwei Diskussionen vermischt. Das eine ist eine Religionsdiskussion, die soll man bitte nicht vermischen mit der Integrationspolitik. Ein Kopftuchzwang bei einem fünfjährigen Mädchen hat nichts mit Religion zu tun.
Wie halten Sie es persönlich mit der Religion?
Ich feiere Advent und Weihnachten mit meinen Kindern. Meine Kinder sind nicht geDie tauft, aber ich würde es ihnen freistellen, wenn sie kommen würden und sagen, sie möchten sich taufen lassen. Sie sollen selber frei entscheiden. Ich selbst bin getauft, aber vor mehr als zehn Jahren aus der katholischen Kirche ausgetreten, weil das für mich persönlich nicht den Schwerpunkt in meinem Leben ausmacht. Ich respektiere aber, dass das für viele Menschen ein ganz wichtiger Inhalt in ihrem Leben ist.
Gerhard Zeiler hat gesagt, die SPÖ dürfe nicht nur die Partei derer sein, die das Sozialsystem in Anspruch nehmen, sondern auch derer, die es finanzieren. sehe das sehr ähnlich. Aber die SPÖ wird immer auch die starke Stimme jener Menschen sein, die keine große Lobby haben. Also zum Beispiel der Lehrlinge, der Arbeitslosen, der Kinder, die durch die Kürzung der Mindestsicherung in die Armut gedrängt werden, oder der Arbeitnehmer, die durch die Regierungspolitik stark unter Druck gebracht werden.
Was sagen Sie jenen, die sich fragen, warum sie arbeiten gehen, wenn sie ohne Arbeit das Gleiche kriegen könnten? Meine Antwort ist: Wir müssen die Arbeit attraktivieren. Die Löhne müssen steigen und die Arbeitnehmer stärker entlastet werden. Wir treten ein für 1700 Euro steuerfreien Mindestlohn.
Dazu kommen noch Forderungen nach der 30-Stunden-Woche und der sechsten Urlaubswoche. Erträumen Sie sich ein Land, in dem Milch und Honig fließt? Wofür ich stehe, ist Chancengerechtigkeit. Die beste Leistungsbereitschaft nützt nichts, wenn man nicht befähigt wird,
Leistung zu erbringen. Schlüssel dazu ist die Bildung, und das beginnt im Kindergarten.
Sie fordern die Streichung der Umsatzsteuer auf Mieten. Das kostet eine Milliarde Euro. Wo nehmen Sie die her? Die Regierung verteilt Steuergeschenke an die Konzerne, allein die Senkung der Körperschaftssteuer kostet zwei Milliarden. Meine Priorität liegt bei der Miete und auch im Bereich der Pflege.
Sollen die Pflegekosten über Steuern finanziert werden oder in einer Pflegeversicherung über Versicherungsbeiträge? Ich denke, dass der Staat die Pflege finanziell absichern muss. In der Pflege kann jeder betroffen sein, die pflegenden Angehörigen müssen viel besser unterstützt werden. Wir brauchen in Zukunft auch mehr Pflegekräfte. Da muss die Politik rechtzeitig handeln.
Vizekanzlerin unter Kurz – hat das Platz in Ihrer Vorstellungswelt? Es sind noch vier Jahre bis zur nächsten Wahl. Meine Aufgabe ist eine konstruktive, aber kritische Oppositionsrolle. Über Koalitionen mache ich mir dann Gedanken, wenn die Wählerinnen und Wähler gesprochen haben. Unser Ziel ist, stärkste Kraft zu werden.
Sie werden Kurz demnächst zum Vieraugengespräch treffen. Was werden Sie ihm sagen? Das richte ich ihm nicht vorab über die Medien aus. Ich habe schon alle Chefinnen der anderen Oppositionsparteien getroffen. Auch mit Heinz-Christian Strache gab es rasch einen Termin. Das war ein durchaus respektvolles, freundliches Gespräch, aber inhaltlich lagen wir natürlich auseinander.
Ich feiere Advent und Weihnachten mit meinen Kindern.
Sie sind nicht getauft, aber ich
würde es ihnen freistellen.