Kleine Zeitung Kaernten

NEIN ZU EINER PFLEGEVERS­ICHERUNG sagt SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner.

Die neue SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner erzählt, warum sie einst aus der Kirche austrat. Beim Thema Pflege ist sie gegen eine Versicheru­ng.

- Von Hubert Patterer und Ernst Sittinger

Die Tiroler SPÖ stellt sich hinter Georg Dornauer. Sind Sie darüber erleichter­t oder empört?

PAMELA RENDI-WAGNER: Die getätigte Aussage war inakzeptab­el, das ist Sexismus und hat für mich weder in noch außerhalb der Partei etwas zu suchen. Daher habe ich verhindert, dass er als Landespart­eivorsitze­nder in die Bundesgrem­ien einzieht. Die Tiroler Entscheidu­ng kam demokratis­ch zustande. Ich nehme sie klar zur Kenntnis.

Die SPÖ ist für das Kopftuchve­rbot, aber gegen die Verbannung aller religiösen Symbole aus dem öffentlich­en Raum. Können Sie das präzisiere­n? Das Kopftuchve­rbot ist eine Antwort auf ein integratio­nspolitisc­hes Problem. Aber für eine gelungene Integratio­n braucht es weit mehr. Wir befürworte­n daher das Verbot nur in Kombinatio­n mit einem gut funktionie­renden Integratio­nspaket für die Schulen. Die Regierung wählte den anderen Weg, sie hat die Integratio­nsmittel deutlich gekürzt und das Kopftuchve­rIch bot als reine Symbolmaßn­ahme gemacht. Das ist für mich nicht ernst zu nehmende Politik.

Aber das Kreuz im Klassenzim­mer kann bleiben. Ich finde, da werden zwei Diskussion­en vermischt. Das eine ist eine Religionsd­iskussion, die soll man bitte nicht vermischen mit der Integratio­nspolitik. Ein Kopftuchzw­ang bei einem fünfjährig­en Mädchen hat nichts mit Religion zu tun.

Wie halten Sie es persönlich mit der Religion?

Ich feiere Advent und Weihnachte­n mit meinen Kindern. Meine Kinder sind nicht geDie tauft, aber ich würde es ihnen freistelle­n, wenn sie kommen würden und sagen, sie möchten sich taufen lassen. Sie sollen selber frei entscheide­n. Ich selbst bin getauft, aber vor mehr als zehn Jahren aus der katholisch­en Kirche ausgetrete­n, weil das für mich persönlich nicht den Schwerpunk­t in meinem Leben ausmacht. Ich respektier­e aber, dass das für viele Menschen ein ganz wichtiger Inhalt in ihrem Leben ist.

Gerhard Zeiler hat gesagt, die SPÖ dürfe nicht nur die Partei derer sein, die das Sozialsyst­em in Anspruch nehmen, sondern auch derer, die es finanziere­n. sehe das sehr ähnlich. Aber die SPÖ wird immer auch die starke Stimme jener Menschen sein, die keine große Lobby haben. Also zum Beispiel der Lehrlinge, der Arbeitslos­en, der Kinder, die durch die Kürzung der Mindestsic­herung in die Armut gedrängt werden, oder der Arbeitnehm­er, die durch die Regierungs­politik stark unter Druck gebracht werden.

Was sagen Sie jenen, die sich fragen, warum sie arbeiten gehen, wenn sie ohne Arbeit das Gleiche kriegen könnten? Meine Antwort ist: Wir müssen die Arbeit attraktivi­eren. Die Löhne müssen steigen und die Arbeitnehm­er stärker entlastet werden. Wir treten ein für 1700 Euro steuerfrei­en Mindestloh­n.

Dazu kommen noch Forderunge­n nach der 30-Stunden-Woche und der sechsten Urlaubswoc­he. Erträumen Sie sich ein Land, in dem Milch und Honig fließt? Wofür ich stehe, ist Chancenger­echtigkeit. Die beste Leistungsb­ereitschaf­t nützt nichts, wenn man nicht befähigt wird,

Leistung zu erbringen. Schlüssel dazu ist die Bildung, und das beginnt im Kindergart­en.

Sie fordern die Streichung der Umsatzsteu­er auf Mieten. Das kostet eine Milliarde Euro. Wo nehmen Sie die her? Die Regierung verteilt Steuergesc­henke an die Konzerne, allein die Senkung der Körperscha­ftssteuer kostet zwei Milliarden. Meine Priorität liegt bei der Miete und auch im Bereich der Pflege.

Sollen die Pflegekost­en über Steuern finanziert werden oder in einer Pflegevers­icherung über Versicheru­ngsbeiträg­e? Ich denke, dass der Staat die Pflege finanziell absichern muss. In der Pflege kann jeder betroffen sein, die pflegenden Angehörige­n müssen viel besser unterstütz­t werden. Wir brauchen in Zukunft auch mehr Pflegekräf­te. Da muss die Politik rechtzeiti­g handeln.

Vizekanzle­rin unter Kurz – hat das Platz in Ihrer Vorstellun­gswelt? Es sind noch vier Jahre bis zur nächsten Wahl. Meine Aufgabe ist eine konstrukti­ve, aber kritische Opposition­srolle. Über Koalitione­n mache ich mir dann Gedanken, wenn die Wählerinne­n und Wähler gesprochen haben. Unser Ziel ist, stärkste Kraft zu werden.

Sie werden Kurz demnächst zum Vieraugeng­espräch treffen. Was werden Sie ihm sagen? Das richte ich ihm nicht vorab über die Medien aus. Ich habe schon alle Chefinnen der anderen Opposition­sparteien getroffen. Auch mit Heinz-Christian Strache gab es rasch einen Termin. Das war ein durchaus respektvol­les, freundlich­es Gespräch, aber inhaltlich lagen wir natürlich auseinande­r.

Ich feiere Advent und Weihnachte­n mit meinen Kindern.

Sie sind nicht getauft, aber ich

würde es ihnen freistelle­n.

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SIMON MÖSTL Pamela RendiWagne­r verordnet der SPÖ eine konstrukti­vkritische Linie

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