Macron erhöht nun doch nicht die Steuern
Nach den gewaltsamen Protesten in Paris legt Frankreichs Regierung die geplante Erhöhung der Benzin-, Strom- und Gaspreise auf Eis.
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Frankreich hat auf die wochenlangen Proteste regiert. Was plant die Regierung von Präsident Emmanuel Macron?
ANTWORT: Die Regierung legt die zum 1. Jänner geplante Anhebung der Ökosteuer sowie der Strom- und Gaspreise vorerst auf Eis. Die Ökosteuer wird zunächst für sechs Monate ausgesetzt, die Energiepreiserhöhung während der Wintermonate bis zum 1. März. „Keine Steuer ist es wert, die Einheit der Nation zu gefährden“, sagte Premier Édouard Philippe.
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Geht die Regierung damit auf alle Forderungen der „Gelbwesten“Bewegung ein?
ANTWORT: Eine allgemeine Steuersenkung, wie sie die Protestteilnehmer fordern, hat Philippe vorerst ausgeschlossen. „Wenn die Steuern sinken, müssen auch die Ausgaben sinken“, betonte der Premier. „Wir wollen unseren Kindern keine Schulden hinterlassen.“Über die Maßnahmen will die Regierung vom 15. Dezember bis zum 1. März mit Kommunalpolitikern und Vertretern der Zivilgesellschaft beraten. Dabei soll es auch um die Forderung gehen, öffentliche Dienstleistungen wie Post und Bahn wieder auszubauen, von denen einige Regionen abgeschnitten sind.
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Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo spricht von den schlimmsten Ausschreitungen seit Mai 1968. Polizeipräfekt Michel Delpuech von einer „extremen und beispiellosen Gewalt“. Wen machen die Behörden verantwortlich?
ANTWORT: Nach Angaben der Polizei waren unter den Randalierern „sehr viele Demonstranten mit gelben Westen“. Bei den 378 Menschen, die in Gewahrsam genommen wurden, handelt es sich mehrheitlich um Männer im Alter von 30 bis 40 Jahren. Sie stammten oft aus der Provinz, seien sozial integriert und nach Paris gekommen, „um
sich mit den Sicherheitskräften zu prügeln“, sagt Staatsanwalt Rémy Heitz. Reporter der AFP sprachen am Samstag mit vielen Demonstranten, die Gewalt als schädlich für ihr Anliegen betrachten, die Regierung zur Umkehr in der Steuerpolitik und bei Mindestlöhnen und Pensionen zu bewegen. Einzelne Demonstranten nannten die Ausschreitungen „legitim“.
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Gibt es Hinweise auf die Teilnahme von ultralinken
und ultrarechten Gruppen beim Protest?
ANTWORT: Innenminister Christophe Castaner macht „professionelle Randalierer“für die Gewalt verantwortlich. Radikale vom rechten wie linken Spektrum mischten sich unter die Demonstranten: Bei den Kundgebungen wurden viele antikapitalistische Slogans skandiert. Auf viele Gebäude wurde das Akronym ACAB gesprüht („All Cops Are Bastards“– alle Polizisten sind Mistkerle), das häufig von Linksradikalen verwendet wird. Auch die ultrarechten Splittergruppen Action française und Bastion social erklärten, sie hätten sich an den Demonstrationen beteiligt. Bei beiden handelt es sich um neofaschistische Formationen. Reporter beobachteten zahlreiche Gewaltbereite, die äußerst versiert darin waren, Barrikaden in Brand zu stecken oder Autos und Motorräder anzuzünden.
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Gab es in Paris auch Trittbrettfahrer?
ANTWORT: Gegen Ende der Proteste am Samstagabend mischten sich auch Kleinkriminelle unter die Gewalttäter: AFP-Reporter beobachteten, wie Gruppen einen Supermarkt plünderten und einen Motorroller anzündeten. Nach Angaben des Staatsanwalts Heitz beteiligten sich auch jüngere Menschen aus dem Pariser Großraum an der Gewalt: Sie seien gezielt ins Stadtzentrum gekommen, um „die Gelegenheit zu Plünderungen zu nutzen“.