Weiter Streit um Handels-KV
Proteste am Feiertag, heute Betriebsversammlungen.
Zuerst haben wir die eigene Plattform Kloeckner.i aufgebaut mit inzwischen 90 Leuten. Die haben wir auch geöffnet, aber nur für komplementäre Produkte. Das war noch zu erklären, dass man dem Kunden ein größeres Angebot bietet.
Die Industrieplattform XOM haben Sie abseits des Duisburger Stammhauses in Berlin mit lauter Digital Natives hochgezogen.
Ja, das war völlig separat. XOM hat inzwischen 40 Mitarbeiter. Als Voraussetzung für die digitale Transformation haben wir für eine hierarchiefreie Kommunikation Yammer eingerichtet, eine Art internes Facebook, wo Mitarbeiter auch mit mir direkt in Kontakt treten können.
Jetzt macht „KlöCo“bereits 25 Prozent vom Umsatz online. Wann erreichen Sie 50 Prozent? Wir machen insgesamt 6,3 Milliarden Euro Umsatz, haben 2017 über eine Milliarde online gemacht und 2018 war die Zielsetzung 25 Prozent – die wir per Ende des Jahres erreichen. Unser Ziel ist es, bis zum Jahr 2022 60 Prozent online zu machen. Im Grunde wird auf Sicht alles online gehen. Ich glaube nicht, dass in zehn Jahren – auch in unserer Branche – noch irgendwas offline läuft, sondern jeder wird die Geschäfte online abwickeln.
Mit der Plattform XOM, die Klöckner mehrheitlich gehört, verdienen Sie bald mehr als mit dem eigenen Stahlhandel?
Wir sind noch dabei, XOM aufzubauen und hochzuskalieren, und natürlich nimmt es einen Teil der Margen. Da eine Plattform im Grunde keine Assets hat, kann sie ohne inkrementelle Kosten wachsen.
Was passiert mit erübrigten „analogen“Mitarbeitern?
Stahl ist nicht komplett digitalisierbar. Es muss immer noch jemanden geben, der den Stahl bereithält, anarbeitet und liefert. Allerdings wird man insgesamt in einer Volkswirtschaft dazu weniger Mitarbeiter benötigen als bisher.
XOM ist quasi ein Amazon für Stahlprodukte. Wollen Sie es auf andere Branchen übertragen? Wir haben XOM schon als Materialplattform gegründet. Da werden auch Plastikteile verkauft. Mit der Chemieindustrie sind wir im Gespräch.
Wo sonst sehen Sie den größten Digitalisierungsdruck?
Den größten Druck sehe ich im Moment in der Automobilindustrie, und zwar nicht nur wegen E-Autos und Dieselmotoren, sondern auch wegen neuer Mobilitätskonzepte in Verbindung mit digitalen Technologien. Das wird für die deutsche Autoindustrie enorme Konsequenzen haben. Bei Google ist man mit Mobility-Konzepten extrem weit. Da sehe ich hier einen kritischen Rückstand.
Klöckner hat sich als deutsches Unternehmen etwas zugetraut, was man sonst aus dem Silicon Valley erwartet. Was erwarten Sie von einer selbstbehaupteten europäischen Industriepolitik? Ich sehe das in der Tat kritisch. Wenn man sich bei Themen wie Artificial Intelligence im Silicon Valley oder in China bewegt, dann spielt Europa keine Rolle in der Diskussion. Dort wird in AI um ein Vielfaches mehr investiert als in Europa. Wir müssen aufpassen, dass der Abstand nicht zu groß wird.
Der 8. Dezember brachte das Weihnachtsgeschäft in Schwung, sowohl Geschäftsstraßen als auch Einkaufszentren waren gut gefüllt. Besonders gefragt waren vor allem Gutscheine, Kosmetika, Schmuck und Kleidung, sagt Roman Seeliger von der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer. Nun hoffe man auf eine Aufholjagd nach einem müden Start ins Weihnachtsgeschäft. Kritik kam von Kardinal Christoph Schönborn, dass der „drängende Geschäftssinn“den Marienfeiertag „durchlöchert“habe.
Im Ringen um den Kollektivvertrag für 430.000 Handelsangestellte nutzte die Gewerkschaft den Marienfeiertag für Protestaktionen. Dabei wurden auch Konsumenten aufgefordert, die Arbeitnehmer zu unterstützen. Proteste gab es unter anderem in Wien und Graz. Flugzettel wurden verteilt, auf denen vor einem drohenden Ausverkauf („Sale“) bei den Handelsmitarbeitern gewarnt wurde.
Die Gehaltsforderung der Gewerkschaft liegt bei 3,5 Prozent oder mindestens 60 Euro, 1,15 Prozentpunkte über dem Angebot der Arbeitgeber. Heute sind von der Gewerkschaft österreichweit Betriebsversammlungen geplant.