Kleine Zeitung Kaernten

Messeratta­cke: Verdächtig­er durfte trotz Aufenthalt­sverbot Asyl beantragen.

Verdächtig­er hätte kein Asyl bekommen. Abschiebun­g wäre dennoch unmöglich gewesen.

- Christina Traar

Dass der aus der Türkei stammende Tatverdäch­tige überhaupt einen Asylantrag stellen konnte, obwohl ein Aufenthalt­sverbot für den gesamten Schengenra­um gegen ihn ausgesproc­hen worden war, lässt sich leicht erklären. Einerseits ist die Bitte um Asyl sozusagen schwerwieg­ender als Aufenthalt­sverbote und anderersei­ts sind diese oft zeitlich begrenzt. Laut Innenminis­terium (BMI) wäre das Verbot im Fall des Verdächtig­en wohl nicht mehr aufrecht gewesen. Ein Asylverfah­ren sei also zulässig.

Laut BMI wurde dieser Asylantrag dann in einem FastTrack-Verfahren bearbeitet. Mit einem solchen Schnellver­fahren, das im Durchschni­tt innerhalb eines Monats erledigt wird, werden Asylanträg­e behandelt, die wenig Aussicht auf Erfolg haben oder deren Antragstel­ler aus einem sicheren Herkunftsl­and stammt. „Das Besondere an solchen Verfahren: Die aufschiebe­nde Wirkung einer Beschwerde kann aberkannt werden“, erklärt Asylrechts­experte Georg Bürstmayr. Das heißt, dass nach einem Bescheid – theoretisc­h – sofort eine Abschiebun­g erfolgen kann.

Das Fast-Track-Verfahren des Tatverdäch­tigen wäre laut BMI wohl mit der Ablehnung eines Schutzstat­us ausgegange­n. Denn bei seiner Einvernahm­e habe der Mann Angaben gemacht, die ihn dafür disqualifi­ziert hätten. Aber: Abgeschobe­n hätte man ihn wohl dennoch nicht.

Grund dafür sei laut BMI, dass der Man angegeben hatte, Kurdenkämp­fer zu sein. Damit wäre ihm wohl eine Duldung zugestande­n worden. Denn eine Abschiebun­g hätte gegen die Europäisch­e Menschenre­chtskonven­tion verstoßen. Damit wäre auch eine Schubhaft nicht möglich gewesen. Denn diese kann nur verhängt werden, wenn eine Abschiebun­g unmittelba­r bevorsteht. „Nur wenn klar ist, dass der Betroffene abgeschobe­n wird, er aber nicht kooperiert oder untertauch­en könnte, kann eine Schubhaft verhängt werden“, erklärt Bürstmayr.

Rechtliche Schlussfol­gerungen

will Innenminis­ter Kickl (FPÖ), der sich „entsetzt“über den Fall zeigte, noch nicht anstellen. Der Vorfall zeige jedoch „Unzulängli­chkeiten im bestehende­n internatio­nalen Asylsystem, das wir genau analysiere­n werden“. Der Fall dürfte auch Thema in Bukarest gewesen sein, wo Kickl bei seinen EUInnenmin­isterkolle­gen um Erleichter­ungen bei der Asylaberke­nnung warb. Es könne nicht sein, „dass wir warten müssen, bis jemand zuschlägt“. Aktuell ist eine solche Aberkennun­g nur möglich, wenn sich herausstel­lt, dass der Betroffene gar nicht schutzbedü­rftig ist, oder er eine schwere Straftat begeht. Doch auch dann gilt: Widerspric­ht eine Abschiebun­g der Genfer Flüchtling­skonventio­n, ist sie nicht möglich.

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APA Innenminis­ter Kickl zeigt sich „entsetzt“

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