Claudia G. und die „heiligen Kühe“
Blondes Haar, dreißig Jahr. Da hat man noch Träume. Claudia Gamon, die Spitzenkandidaten der Neos für die EU-Wahlen, will nicht nur „heilige Kühe“schlachten, sondern überhaupt Europa ganz „neu gründen“.
Den Anfang machte sie mit der Neutralität, die überholt sei und, wie einst ein Kanzler vorschlug, mit den Lipizzanern und den Mozartkugeln als Souvenir entsorgt werden soll. Österreichische Soldaten könnten als Gebirgsjäger in einer europäischen Armee sinnvoller eingesetzt werden.
Nicht nur bei der Sicherheit, sondern auch beim Geld müsse Europa seine Kräfte bündeln, forderte Gamon weiter. Deshalb sollte die EU selbst Steuern einheben und ein selbstständiges Budget haben, das von einem eigenen Finanzminister verwaltet wird. Da es im Wahlkampf nicht überall Beifall gibt, wenn man neue Steuern propagiert, ruderte sie zurück. Lediglich die bisherigen Beiträge, die Österreich an die EU überweisen muss, sollten durch direkte EU-Steuern ersetzt werden. Ein Nullsummenspiel.
Gamon umschifft damit den kritischen Punkt: Was bleibt von der Souveränität der einzelnen Nationalstaaten übrig, wenn die EU neu gegründet wird?
Die Neos wagen sich in ihrem 50-seitigen Wahlprogramm an die heiligsten Kühe: Der Europäische Rat mit den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer als das bisherige Machtzentrum sollte durch eine echte EU-Regierung abgelöst werden, die von einem durch alle EU-Bürger direkt gewählten Regierungsoberhaupt geleitet wird. Kanzler und Minister hätten in Brüssel nichts mehr mitzureden; eine zweite Kammer mit nationalen Mandataren übernimmt ihre Rolle. Die Gesetze werden in der ersten Kammer des Parlaments beschlossen, in dem Abgeordnete sitzen, die über gesamteuropäische Listen gewählt werden.
G amons neuem Gebäude fehlt allerdings der Unterbau: Ein europäisches Volk gibt es nicht. Politik funktioniert immer noch und auch künftig über den Nationalstaat. Die pathetische Vision von den „Vereinten Staaten Europas“ist bloß ein buntes Luftschloss.
„Eineuropäisches Volk gibt es nicht. Die pathetische Vision von den Vereinten Staaten Europas ist bloß ein buntes Luftschloss.“