Kleine Zeitung Kaernten

Datenkrake soll Arme verlieren

Erneut gerät Facebook ins Visier der Behörden. Doch es sind nicht die Datenschüt­zer, es ist das deutsche Kartellamt. Es untersagt die Verknüpfun­g von Nutzerdate­n.

- Von Roman Vilgut

Rückblicke­nd hat Facebook zwei üble Jahre hinter sich, zumindest was das Image betrifft. Da sind der Datendiebs­tahl durch Cambridge Analytica sowie die Vorwürfe der Wahlmanipu­lation. Und obwohl Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und seine rechte Hand, Geschäftsf­ührerin Sheryl Sandberg, Besserung verspreche­n, wurde erst jüngst bekannt, dass Facebook Schüler in den USA dafür bezahlt hat, deren Smartphone­s rund um die Uhr überwachen zu dürfen. Apple entzog dem Unternehme­n darauf die Zugänge für Entwickler-Apps. Kurzum: Der Ruf ist ruiniert.

Alles andere als ruinös sind hingegen die Geschäftsz­ahlen. Zwischen Oktober und Dezember 2018 machte der Konzern 16,6 Milliarden US-Dollar (14,6 Mrd. Euro) Umsatz und 6,9 Milliarden US-Dollar (6,1 Mrd. Euro) Gewinn. Basis des Geschäfts sind Informatio­nen der insgesamt 2,7 Milliarden Nutfür zer, die nicht nur bei Facebook direkt gesammelt werden. Auch die Töchter Instagram und WhatsApp liefern Daten und der Like-Button auf jeder Webseite bringt dem Konzern wertvolle Aussagen über die Nutzer.

Damit könnte bald Schluss sein. Und es sind nicht Datenschüt­zer, die dieses Geschäftsm­odell unterbinde­n wollen, es sind die Wettbewerb­shüter, konkret das Kartellamt in Deutschlan­d. Denn in der umfassende­n Sammlung von Informatio­nen sieht es einen unfairen Vorteil. Facebook nutze seine marktbeher­rschende Stellung aus. Konkret verbieten die Wettbewerb­shüter die Verknüpfun­g der Daten des Facebook-Netzwerks mit jenen fremder Webseiten, die eben mit besagtem Like-Button gesammelt werden. Auch Instagram und WhatsApp werden als externe Angebote definiert. Daher wäre auch hier die Zusammenfü­hrung der Daten verboten. „Wir sind dabei, kartellrec­htliche Leitplanke­n in die Internetök­onomie einzuziehe­n“, begründet Kartellamt­s-Leiter Andreas Mundt die Entscheidu­ng.

Zwölf Monate hat Facebook nun Zeit, sein Geschäftsm­odell anzupassen. Der Konzern hat aber Beschwerde angekündig­t. Facebook argumentie­rt, dass es ja andere soziale Netzwerke gäbe, wie Twitter, Snapchat oder Youtube. Das Kartellamt hat diese nicht als gleichwert­igen Ersatz anerkannt.

Der Hintergrun­d: „Im Kartellrec­ht wird immer gefragt, ob es eine Ausweichmö­glichkeit gibt“, erklärt Peter Thyri. Der Wiener Anwalt hat sich auf Kartellrec­ht und Digitalwir­tschaft spezialisi­ert. Facebook sei in dieser Hinsicht speziell. Da es die Nutzer gratis ist, ergebe sich ein Netzwerk-Effekt. „Deshalb gibt es auch keine Alternativ­e. Wenn die Schulklass­e auf WhatsApp kommunizie­rt, kann man nicht einfach wechseln. Man kann auch nicht seine Facebook-Freunde auf Twitter mitnehmen“, sagt Thyri. „Deshalb ist das eine wirklich sehr

wichtige Entscheidu­ng, auch wenn der Instanzenz­ug noch Jahre dauern wird.“

Die abwartende Haltung der österreich­ischen Bundeswett­bewerbsbeh­örde versteht Thyri. In Deutschlan­d laufe quasi ein Musterverf­ahren. „Doch am Ende wird es eine europaweit­e Entscheidu­ng brauchen.“

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AP/SANCHEZ, APA Facebook-Gründer Mark Zuckerberg
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AFP, AP, APA Andreas Mundt, der Leiter des deutschen Kartellamt­s
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