„Ich dachte nur: Genieß es einfach!“
Aksel Lund Svindal beendet seine Karriere mit WM-Silber in der Abfahrt – hinter seinem besten Freund Kjetil Jansrud.
Als es so weit war, als Aksel Lund Svindal im Ziel abgeschwungen hatte, war er wieder da: der Zeitpunkt, in dem sich, wie er selbst sagt, zeigt, wie man so ist als Mensch. Nach 17 und einem halben Jahr im Ski-Weltcup hatte er soeben sein letztes Rennen beendet, sah im Ziel die „2“aufleuchten, sah den hauchdünnen Rückstand von 0,02 Sekunden. Und sah, dass sein Teamkollege Kjetil Jansrud in Führung lag.
„Da“, sagte der 36-Jährige später, „ist mir zuerst durch den Kopf geschossen, dass es ein ziemlich schöner Tag für Norwegen werden könnte.“Und in diesem Moment spürte er „die Energie der Menge“, wie er sagte. Den Jubel der zahlreichen Fans aus Norwegen und Schweden, die ihrem Helden ihre Aufwartung gemacht hatten. Und plötzlich wusste Svindal für sich selbst, was zu tun war. „Ich habe mir nur gedacht: Genieß es einfach. Zwei Hundertstel zurück? Egal. Werde ich Zweiter, Dritter, Vierter? Egal. Du kannst es nicht mehr ändern. Du hast alles getan, was du konntest. Und ich habe mir gedacht bei all dem Lärm: Åre fühlt sich heute wirklich norwegisch an.“Und Svindal legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen – und genoss.
Es sollte tatsächlich der gute Tag für die Norweger werden. Denn keiner kam mehr an die Zeiten der beiden heran – und wie schon vor einem Jahr bei Olympia gab es damit einen Doppelsieg; diesmal mit vertauschten Rollen. „Und weil Kjetil heute gewonnen hat, brauche ich endgültig kein schlechtes Gewissen zu haben, weil ich abtrete“, sagte Svindal.
Abtreten mit einem guten Gefühl, denn er hatte soeben in seinem letzten Rennen die neunte
WM-Medaille seiner Karriere geholt. Zwölf Jahre nach dem ersten WM-Titel seiner Laufbahn, im selben Zielraum, in derselben Disziplin. Aber wer dachte, dass Svindal emotional werden würde, wurde enttäuscht: „Ich bin da eher ausbalanciert, das war schon immer so. Es kostet zu viel Energie. Immer waren die anderen rund um mich trauriger, wenn ich schlecht war. Und wenn nach einem Sieg die Welt rund um mich ,Bananas‘ ging, also durchdrehte, war ich der Ruhigste. Das spart Energie. Ich habe gelernt, dass es nicht hilft, eine Drama-Queen zu sein“, erklärte er seine Abgeklärtheit.
Sein Fazit des letzten Tages als Rennfahrer: „Es ist mehr, als ich erwartet habe. Und ich war wirklich nervös in den letzten Tagen. Aber ich bin realistisch: Ich kann den Rücktritt ja nicht zurücknehmen.“
Und dann stand Aksel Svindal auf, verließ das Pressezentrum und übergab damit wohl auch symbolisch das Zepter an Kjetil Jansrud. Der war überwältigt. „Ich war noch nie Weltmeister – und wollte mich immer schon Weltmeister nennen. Das darf ich jetzt.“Viele Chancen habe er schon gehabt, bei Weltmeisterschaften, geklappt habe es nie, im Gegensatz zu Olympia. Und genau an dem Tag, an dem sich der 33-Jährige selbst am wenigsten ausgerechnet hatte,
schlug er zu. Nur drei Tage nach der Schlappe des gesamten Teams im Super-G. Und nur etwas mehr als zwei Wochen nach einem Handbruch in Kitzbühel. „Da haben mir die Ärzte gesagt, dass ich sechs Wochen Pause brauche, zumindest vier.“
Er sah es anders, war dabei – und gewann. Was bei schwierigen Bedingungen den Ausschlag gab: „Der Glaube daran, dass du es schaffen kannst. Und weil ich es geschafft habe, ist jetzt alles in Harmonie ...“
Es war besser, als ich erwartethabe.Aberich habe gelernt, dass es nicht hilft, eine DramaQueenzusein.Deshalb bin ich vielleicht nicht
so emotional.
Aksel Lund Svindal