Bundesrat erlebt am Donnerstag eine wohl einmalige Sternstunde.
Die knappe Drittelstärke der oppositionellen SPÖ lässt die Länderkammer zum Machtfaktor werden – für einen Tag am Donnerstag.
Das Wanderdorf Soboth gehört seit der Gemeindefusion zur Marktgemeinde Eibiswald. Der frühere Bürgermeister Hubert Koller hatte mit der Fusion das Amt verloren, nicht aber sein Leben in der Politik. Seit 2015 ist er Bundesrat, seit Jänner Vizepräsident der Länderkammer – die zweithöchste Position nach jener der Zweiten Nationalratspräsidentin, die die auf die Oppositionsbank verbannte SPÖ derzeit zu vergeben hat.
Nur wenige Kilometer sind es von hier bis zur Grenze nach Kärnten, und in Kärnten wohnt Ingo Appé. Der Bürgermeister von Ferlach ist seit Jänner Präsident des Bundesrates. Jeder Präsident bringt ein eigenes Thema ein. Zuletzt war dies die Kinder- und Jugendhilfe. Appé widmet sich dem Kampf gegen den Ausverkauf des Wassers.
Die beiden SPÖ-Politiker bringen mit ihren Genossen die türkis-blaue Regierung am Donnerstag im Bundesrat schwer in Bedrängnis - beim Ökostromgesetz. Wenn man Parlamentsexperte Werner Zögernitz Glauben schenkt, lässt der Bundesrat erstmals in seiner hundertjährigen Gechichte die Muskeln spielen. Das Licht der Öffentlichkeit erblickt die Länderkammer am ehesten noch bei der Angelobung des Bundespräsidenten, die alle sechs Jahre gemeinsam von Bundes- und Nationalrat (Bundesversammlung) vorgenommen wird.
Wie kam’s, dass der Bundesrat, der ein Schattendasein fristet, dieser Tage plötzlich ins Rampenlicht rückt? Die 61 Bundesräte werden von den Landtagen nach Wien entsandt. Die Stimmengewinne bei der
Kärntner Landtagswahl im März 2018 brachten der SPÖ das 21. Mandat. Die SPÖ hält nun ein Drittel der Mandate und hat so die Möglichkeit, Gesetze im Bundesrat zu blockieren. ÖVP und FPÖ stellen 38 Bundesräte, die Wiener Grünen zwei.
Normalerweise werden Gesetze vom Bundesrat nur verzögert, die Blockade wird dann durch einen Beharrungsbeschluss des Nationalrats aufgehoben. Das passiert nur dann, wenn die Regierung im Bundesrat über keine Mehrheit verfügt. 1983 bis 1986 stand der rot-blauen Koalition eine schwarze Mehrheit im Bundesrat gegenüber, nach dem Machtwechsel in der Steiermark (von Klasnic zu Voves) verlor die schwarzblaue Koalition für zwei Jahre ihre Mehrheit in der Länderkammer. Der spektakulärste Beharrungsbeschluss war wohl die Fristenlösung 1974, die zuvor von der ÖVP im Bundesrat blockiert worden war.
Ganz verhindern kann der Bundesrat nur Gesetze, die im Verfassungsrang stehen und die Interessen der Länder berühren. Genau das ist bei der Ökostromgesetz-Novelle der Fall. Die 21 SPÖ-Bundesräte wollen diese Novelle zu Fall bringen. Keiner darf krank werden am Donnerstag, sonst ist es mit der Macht vorbei – die zwei grünen Bundesräte wollen der Novelle eher zustimmen.
Macht ist auch das Stichwort, wenn es um die Motivation der roten Verhinderer geht. „Wir wollen ein Zeichen setzen. Wir wollen ÖVP und FPÖ zurück an den Verhandlungstisch zwingen“, sagt Hubert Koller. Jetzt hat der Bundesrat als zweite Kammer die Möglichkeit, „zu zeigen, dass wir so nicht umspringen lassen mit uns“.