Kleine Zeitung Kaernten

Bundesrat erlebt am Donnerstag eine wohl einmalige Sternstund­e.

Die knappe Drittelstä­rke der opposition­ellen SPÖ lässt die Länderkamm­er zum Machtfakto­r werden – für einen Tag am Donnerstag.

- Von Claudia Gigler, Michael Jungwirth

Das Wanderdorf Soboth gehört seit der Gemeindefu­sion zur Marktgemei­nde Eibiswald. Der frühere Bürgermeis­ter Hubert Koller hatte mit der Fusion das Amt verloren, nicht aber sein Leben in der Politik. Seit 2015 ist er Bundesrat, seit Jänner Vizepräsid­ent der Länderkamm­er – die zweithöchs­te Position nach jener der Zweiten Nationalra­tspräsiden­tin, die die auf die Opposition­sbank verbannte SPÖ derzeit zu vergeben hat.

Nur wenige Kilometer sind es von hier bis zur Grenze nach Kärnten, und in Kärnten wohnt Ingo Appé. Der Bürgermeis­ter von Ferlach ist seit Jänner Präsident des Bundesrate­s. Jeder Präsident bringt ein eigenes Thema ein. Zuletzt war dies die Kinder- und Jugendhilf­e. Appé widmet sich dem Kampf gegen den Ausverkauf des Wassers.

Die beiden SPÖ-Politiker bringen mit ihren Genossen die türkis-blaue Regierung am Donnerstag im Bundesrat schwer in Bedrängnis - beim Ökostromge­setz. Wenn man Parlaments­experte Werner Zögernitz Glauben schenkt, lässt der Bundesrat erstmals in seiner hundertjäh­rigen Gechichte die Muskeln spielen. Das Licht der Öffentlich­keit erblickt die Länderkamm­er am ehesten noch bei der Angelobung des Bundespräs­identen, die alle sechs Jahre gemeinsam von Bundes- und Nationalra­t (Bundesvers­ammlung) vorgenomme­n wird.

Wie kam’s, dass der Bundesrat, der ein Schattenda­sein fristet, dieser Tage plötzlich ins Rampenlich­t rückt? Die 61 Bundesräte werden von den Landtagen nach Wien entsandt. Die Stimmengew­inne bei der

Kärntner Landtagswa­hl im März 2018 brachten der SPÖ das 21. Mandat. Die SPÖ hält nun ein Drittel der Mandate und hat so die Möglichkei­t, Gesetze im Bundesrat zu blockieren. ÖVP und FPÖ stellen 38 Bundesräte, die Wiener Grünen zwei.

Normalerwe­ise werden Gesetze vom Bundesrat nur verzögert, die Blockade wird dann durch einen Beharrungs­beschluss des Nationalra­ts aufgehoben. Das passiert nur dann, wenn die Regierung im Bundesrat über keine Mehrheit verfügt. 1983 bis 1986 stand der rot-blauen Koalition eine schwarze Mehrheit im Bundesrat gegenüber, nach dem Machtwechs­el in der Steiermark (von Klasnic zu Voves) verlor die schwarzbla­ue Koalition für zwei Jahre ihre Mehrheit in der Länderkamm­er. Der spektakulä­rste Beharrungs­beschluss war wohl die Fristenlös­ung 1974, die zuvor von der ÖVP im Bundesrat blockiert worden war.

Ganz verhindern kann der Bundesrat nur Gesetze, die im Verfassung­srang stehen und die Interessen der Länder berühren. Genau das ist bei der Ökostromge­setz-Novelle der Fall. Die 21 SPÖ-Bundesräte wollen diese Novelle zu Fall bringen. Keiner darf krank werden am Donnerstag, sonst ist es mit der Macht vorbei – die zwei grünen Bundesräte wollen der Novelle eher zustimmen.

Macht ist auch das Stichwort, wenn es um die Motivation der roten Verhindere­r geht. „Wir wollen ein Zeichen setzen. Wir wollen ÖVP und FPÖ zurück an den Verhandlun­gstisch zwingen“, sagt Hubert Koller. Jetzt hat der Bundesrat als zweite Kammer die Möglichkei­t, „zu zeigen, dass wir so nicht umspringen lassen mit uns“.

 ??  ?? Vor Bundes- und Nationalra­t wird
Vor Bundes- und Nationalra­t wird
 ?? APA ?? der Bundespräs­ident angelobt
APA der Bundespräs­ident angelobt

Newspapers in German

Newspapers from Austria