Vom Wahn hinter den wirren Worten
Franz Kafkas letzte Erzählung in einer multimedialen Inszenierung beeindruckt in Klagenfurt.
Wenn das Publikum zu Beginn des Abends hinuntersteigt in den Keller des einstigen Geschäftslokals in der Klagenfurter 8.-Mai-Straße, dann ist es auf alles gefasst. Doch nicht eine Art „Panic Room“à la Franz Kafka erwartet es bei der Dramatisierung der Erzählung „Der Bau“, sondern Musik mit Flöte, Gitarre und Cello, ein eindringlicher Monolog, der existenzielle Fragen aufwirft („Es ist relativ leicht, jemandem zu vertrauen“), und ein Einsiedler, der mit zunehmend wirrem Blick seine unterirdische Festung ausbaut. In paramilitärischer Kampfmontur verbarrikadiert er sich mit Bohrmaschine, Holzlatten und Plastikplanen, diktiert seine Gedanken in ein Aufnahmegerät und zeichnet Pläne an die Wand. Schritt für Schritt steigert er sich mehr in seine Angst vor undefinierbaren Eindringlingen hinein, sieht überall die lauernde Bedrohung und horcht in die Stille der Außenwelt – und langsam wird sein Selbstgespräch zur hektischen Suada. Den Wahn hinter den Worten verstärkt die Livemusik aus der Feder von Manfred Plessl, der auch Geige und Mandoline spielt. Unterstützt wird er durch die Cellistin Jana Thomaschütz und die Flötistin Sieglinde Größinger, die so wie der Komponist auch singen. Gemeinsam mit dem Schauspieler und Regisseur Michael Kuglitsch bilden sie das Künstlerkollektiv „Streunende Wölfe“, dem mit dem knapp einstündigen Stück ein beklemmendes, paranoides Psychogramm eines Mannes gelungen ist, dessen Aufgewühltheit auch durch den perkussiven Einsatz der Musik erlebbar wird.
Es sind die typischen KafkaMotive, die man hier wiederfindet – unbenennbare Bedrohung und große Hoffnungslosigkeit, die immer mehr in die Isolation führen. „Aber alles blieb unverändert“: Der letzte Satz des Textes klingt im Publikum auch noch nach, als es wieder aus dem „Bau“in die Stille des Abends hinaufsteigt.
Karin Waldner-Petutschnig Der Bau: Künstlerkollektiv Streunende Wölfe, 13. bis 15. 2., Theater Halle 11; 16., 17., 23., 24. 2., Raum 8, Klagenfurt, jeweils 20 Uhr