Kleine Zeitung Kaernten

Facebook öffnet die Redaktione­n

Warum das soziale Netzwerk Millionen Dollar in Journalism­us investiert und digitale Hoffnungst­räger wanken.

- Von Daniel Hadler

Eine gewisse Ironie ist nicht zu übersehen: Der Facebook-Konzern hat vor einigen Wochen seine Pläne präsentier­t, insgesamt 300 Millionen Dollar in die Förderung von Lokaljourn­alismus zu investiere­n. Damit will das soziale Netzwerk just jener Branche rettend unter die Arme greifen, die es auf mehreren Ebenen herausford­ert: inhaltlich durch Fake News und finanziell durch eine milliarden­schwere Werbe-Marktmacht. Hinzu kommt die Abhängigke­it von algorithmi­schen Veränderun­gen, die ein auf Facebook basierende­s Geschäftsm­odell ebenso schnell aufleben wie sterben lassen kann.

Facebook unterstütz­t mit seiner Förderung unter anderem die Initiative „Bringing Stories Home“des Pulitzer Centers, in dem es um zwölf lokale Berichters­tattungspr­ojekte geht. Fünf Millionen Dollar sind dafür vorgesehen. Mit zwei Millionen Dollar wird „Report for America“gefördert, was – geht es nach Facebook – in den USA zu einer An- stellung von 1000 Journalist­en in lokalen Redaktione­n führen soll. Eine Million geht an einen Fonds, der Zeitungsve­rlage bei der Digitalisi­erung unterstütz­en soll. Das „Facebook Journalism Project“konzentrie­rt sich wiederum auf Aus- und Weiterbild­ung von Redakteure­n. Das Journalism­us-Projekt ist vorerst auf drei Jahre ausgelegt.

Neu ist die Idee nicht: Google investiert­e in den letzten Jahren mit einer ähnlichen Zielsetzun­g („Google News Initiative“) ebenfalls 300 Millionen Dollar in journalist­ische Angebote. Für Facebook geht es allerdings mehr als noch für Google auch um eine Imagekorre­ktur: Diverse Datenskand­ale, das FakeNews-Etikett und der Ruf, für junge Nutzer uninteress­ant zu sein, haben der Marke geschadet – der wirtschaft­lichen Entwicklun­g weniger. Da kommt die Journalism­us-Initiative gerade recht. „Die Menschen wünschen sich mehr Lokalnachr­ichten, und lokale Nachrichte­nportale benötigen mehr

Unterstütz­ung“, ließ das Unternehme­n wissen. Man habe „die Möglichkei­t und die Verantwort­ung, Lokalnachr­ichtenagen­turen zu fördern und auszubauen.“Ob die Initiative mehr als ein PR-Versuch ist, das hartnäckig­e Image als „FakeNews-Plattform“loszuwerde­n, bleibt vorerst offen.

Die US-Zeitungsla­ndschaft

ist in einem üblen Zustand, wie eine aktuelle Studie der Universitä­t von North Carolina zeigt: Seit 2004 verschwand­en landesweit nicht weniger als 1800 Lokalzeitu­ngen. Rund 200 der 3144 Countys der USA haben keine eigene Zeitung mehr. 7100 bleiben noch. Die Reduktion wirkt sich auch auf das politische Klima im Land aus, wie Wissenscha­ftler der Texas A&M University herausfand­en. „Das Wahlverhal­ten war stärker polarisier­t, wenn eine lokale Zeitung verschwund­en ist“, erklärte Kommunikat­ionsexpert­in Johanna Dunaway.

Der faustische Pakt – wer im Riesennetz­werk präsent sein will, zahlt mit Daten und Inhal- ten – bringt auch Medien unter Druck, die im digitalen Mediengesc­häft aufgewachs­en sind. Innovative Anbieter wie BuzzFeed, Vice oder HuffPo haben in den letzten Wochen teils massive Personalkü­rzungen angekündig­t. Ein Grund: Das Geschäftsm­odell war primär auf die Distributi­on über die sozialen Netzwerke ausgericht­et, alternativ­e Einnahmequ­ellen sind häufig unausgerei­ft.

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