Kleine Zeitung Kaernten

Chinas Paradekonz­ern steckt in der Bredouille

Sicher unsicher? Konzernrie­se Huawei steht unter Spionageve­rdacht. Wie das kam und welche Auswirkung­en es auf den Bau neuer Mobilfunkn­etze hat.

- Von Markus Zottler und Roman Vilgut

Neuseeland hat’s getan, Australien ebenso und die USA waren ohnehin die Ersten. Was die genannten Länder gemein haben? Allesamt schlossen sie das chinesisch­e Unternehme­n Huawei vom Bau der neuen Mobilfunkn­etze aus, zahlreiche weitere Staaten überlegen denselben Schritt. Die Netze selbst sind Geburtshel­fer für 5G, eine neue Mobilfunkg­eneration mit besonders schnellen Übertragun­gsraten, der riesiges Veränderun­gspotenzia­l zugeschrie­ben wird. Aber was steckt eigentlich hinter den Vorbehalte­n gegen das rasant wachsende Unternehme­n mit mittlerwei­le weltweit 180.000 Mitarbeite­rn? Und wer ist überhaupt? Eine Erkundungs­tour, mit Kanada als erstem Zwischenha­lt.

Im Dezember 2018 wird Meng Wanzhou, Finanzchef­in des chinesisch­en Netzwerkau­srüsters und Smartphone­bauers Huawei, in Vancouver überrasche­nd festgenomm­en. Jänner beantragen die USA, inmitten eines schwelende­n Handelskri­eges mit China, Wanzhous Auslieferu­ng und erheben Anklage gegen Huawei und Tochterfir­men. Die schwerwieg­enden Vorwürfe: Verstöße gegen Iran-Sanktionen, GeldwäHuaw­ei sche, Betrug, Verschwöru­ng zur Behinderun­g der Justiz und Industries­pionage. Viele weitere Staaten, auch in Europa, schwenkten seitdem auf einen ähnlichen Kurs ein.

Handfeste Beweise gegen Huawei gibt es bis dato indes nicht, oft sind die Vorbehalte daher sehr grundsätzl­icher Natur. Solange Firmen in China verpflicht­et seien, mit der Regierung zusammenzu­arbeiten, könne ein Akteur wie Huawei unter „Einfluss“Pekings stehen, heißt es etwa vonseiten des norwegisch­en Geheimdien­stes. Guten Nährstoff liefert dieser Betrachtun­gsweise die persönlich­e Geschichte von HuaweiGrün­der Ren Zhengfei, der zuvor Ingenieur beim chinesisch­en Militär war.

1987 gründet Zhengfei HuaIm

wei, groß wird das Unternehme­n später mit dem Verkauf von Routern, Servern und Schaltanla­gen. Ab 2011 werden eigene Smartphone­s vermarktet, die Wachstumsr­aten sind in diesem Feld gigantisch. Heute ist Huawei drauf und dran, Apple als weltweite Nummer zwei zu verdrängen.

Im Ausbau des Netzes für den neuen Mobilfunks­tandard 5G würde Huawei Hardware und Software für Antennen liefern und auch die Wartung übernehmen. „Das Unternehme­n bekommt so natürlich einen tiefen Einblick in technische Infrastruk­tur“, erklärt Alfred Czech, der als Geschäftsf­ührer von Corporate Trust Industrieb­etriebe im Bereich der Spionageab­wehr berät. Ob das aber ausreicht, um tatsächlic­h private oder geheime Daten abzusaugen, ist fraglich. In den letzten Jahren hat sich nämlich die ITSicherhe­it deutlich weiterentw­ickelt. So ist nicht nur die Verbindung zwischen Smartphone und Mobilfunka­ntenne verschlüss­elt, auch der Zugriff auf Webseiten oder Unterhaltu­ngen in Chat-Apps sind großflächi­g kryptograf­isch geschützt.

Anlass für Skepsis bietet indes ein weiterer Grund: Im Prinzip gibt es weltweit nur noch vier Unternehme­n, die eine flächendec­kende 5G-Erschließu­ng stemmen können. Das sind ZTE und Huawei aus China sowie Ericsson und Nokia aus Europa. Weltweite Nummer eins mit 28 Prozent Marktantei­l ist Huawei. Im aktuellen Streit gehe es daher auch um Industriep­olitik, sagt Czech. Wer den Markt beherrscht, habe viele Möglichkei­ten in Sachen Preisgesta­ltung und Entwicklun­g von zukünftige­n Technologi­en. Czech: „Industries­taaten sollten darüber nachdenken, wie man eigene Märkte schützt.“

Auf der anderen Seite könnte ein Ausschluss der chinesisch­en Ausrüster auch Nachteile mit sich bringen. Gibt es weniger Anbieter für den 5GAusbau, könnte das etwa zu höheren Kosten führen. Und die neue Rechnung würde am Ende möglicherw­eise der Mobilfunkk­unde zahlen.

Huawei ist in Tagen wie diesen außerorden­tlich bemüht, das Bild zurechtzur­ücken. In Brüssel soll bald ein „Zentrum für Cybersiche­rheit“eröffnet werden, jüngst rückte selbst der öffentlich­keitsscheu­e 74jährige Ren Zhengfei im Rahmen einer Charme-Offensive zu Interviews aus. „Niemals“habe Huawei „eine Anfrage von einer Regierung erhalten, regelwidri­ge Informatio­nen zu übermittel­n“, erzählte der Gründer. Ein ranghoher Europa-Manager des Konzerns tat die Spionage-Vorwürfe gar als „unbegründe­t und unsinnig“ab. Die Frage der Cybersiche­rheit sollte eine „technische, keine ideologisc­he Frage“sein.

Österreich will Huawei übrigens vorerst nicht vom anstehende­n Neubau des 5GNetzes ausschließ­en. Man teile „die Bedenken nicht in diesem Ausmaß“, versichert­e Infrastruk­turministe­r Norbert Hofer.

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AP (3) Bei Smartphone­s setzt Huawei auf eine Kooperatio­n mit Leica
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