Männliche Solidarität
Vor 100 Jahren durften Frauen in Österreich das erste Mal wählen und gewählt werden. Acht weibliche Abgeordnete schafften als Pionierinnen den Einzug in die konstituierende Nationalversammlung. Sie hatten sich ihr Leben mit ihrem politischen Engagement nicht leicht gemacht. „Jessas, ein Weib“, entfuhr es dem mächtigen Gewerkschaftschef Anton Benya, als Marga Hubinek 1986 als erste Frau in das dreiköpfige Nationalratspräsidium einzog.
Heute möchten wir gerne glauben, dass die Gleichstellung zwischen Mann und Frau erreicht sei. Wir freuen uns, wenn der Vizekanzler einen Papamonat für alle fordert oder ein Reißverschlussprinzip für jeden zweiten Platz auf einer Wahlliste eine Frau vorsieht. Doch viele dieser Vorschläge bleiben symbolische Absichtserklärungen und unverbindliche Empfehlungen. Ernsthafte Frauenpolitik geht anders. Obwohl heute 68 Frauen im Nationalrat sitzen: Wenn es um die wirklich lukrativen Jobs mit Macht geht, zeigt sich männliche Solidarität. Vier NationalbankPosten wurden gerecht unter den Regierungsparteien aufgeteilt, nicht aber zwischen den Geschlechtern. Unter den Generalsekretären der Bundesministerien findet sich nur eine Frau.
Eine Princeton-Studie errechnete einen Lohnverlust von 51 Prozent für österreichische Frauen zehn Jahre nach der Geburt eines Kindes. Die Ursache orten Experten in der konservativen gesellschaftlichen Haltung. Daher würde eine ausgebaute Kinderbetreuung nichts an den Nachteilen für Mütter ändern. Eine öffentliche politische Diskussion löste dieser Befund nicht aus.
„Vier Nationalbank-Posten wurden gerecht unter den Regierungsparteien aufgeteilt, nicht aber zwischen den Geschlechtern.“
Gegen Gewalt an Frauen soll eine Erhöhung der Strafen und eine dreistellige Notrufnummer helfen. Alle Experten zweifeln an der Wirksamkeit dieser Pläne. Dennoch könnte das Strafrechtspaket einen nächsten Etappensieg für Frauen bringen. Weibliche Genitalverstümmelung soll endlich als eigenes Strafdelikt anerkannt werden. Für einen Asylgrund reicht diese schwere Körperverletzung und lebenslange Folter auch 2019 nicht.