Kleine Zeitung Kaernten

„Der Schmerz der Opfer wurde versteckt“

Eine von einem Priester vergewalti­gte Ex-Nonne fragt, warum die Kirche ihr nicht geglaubt hat.

- Von Mensch zu Mensch Carina Kerschbaum­er carina.kerschbaum­er@kleinezeit­ung.at

Ob ein weltlicher Großkonzer­n es überlebt hätte, wenn er über Jahre systematis­ch Kindesmiss­brauch in seinem Unternehme­n vertuscht und Täter an einen anderen Ort versetzt hätte? Kein Konzern hätte dies überlebt. Die Kirche hat. Eine Kirche, die „über die Täter hinaus institutio­nell Verantwort­ung für das Missbrauch­sgeschehen trägt“, wie die Deutsche Bischofsko­nferenz bekennt. Wie auch der Papst mit der Missbrauch­skonferenz kommende Woche gegen das Schweigen vorgeht. Ein bislang beispiello­ser Versuch, um ein beispiello­ses Verbrechen des strukturel­len Vertuschen­s offenzuleg­en. Eine Kampfansag­e des Papstes, die jahrzehnte­lang nicht erfolgte, weil die Kirche wie ein Konzern ohne Moral agierte, einzig der Maxime folgend, den eigenen Ruf zu schüt- zen. Die Opfer, ihr Leid spielten keine Rolle. Franziskus sagt es schnörkell­os: „Der Schmerz der Opfer wurde versteckt und zum Schweigen gebracht.“Wie auch bei jener Theologin, die als junge Nonne in Vorarlberg von einem Priester vergewalti­gt wurde. Und die von Kardinal Schönborn auf ihre Frage, warum ihr niemand geglaubt habe, erstmals die Antwort bekam: „Ich glaube Ihnen.“Wie er auch bekannte, dass das Ziel nun sei, „alle auf den gleichen Bewusstsei­nsstand zu bringen“.

Was ist das für eine Kirche? Eine Frage, die die missbrauch­te Ex-Nonne an Schönborn stellte und mit ihr weltweit Zehntausen­de misshandel­te, traumatisi­erte Kinder. Franziskus hat den Medien gedankt, weil sie den Opfern eine Stimme gaben. Weit wichtiger ist, dass er ihnen eine Stimme gibt. Vielleicht liest ja auf der Missbrauch­skonferenz ein Kardinal aus Matthäus 18,6 vor. Da heißt es, dass es für den, der einem Kind etwas antut, besser wäre, er würde mit einem Mühlstein um den Hals in der Tiefe des Meeres versenkt.

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