Kleine Zeitung Kaernten

Weltweit am Ball

Susanna Klemen (28) aus Klagenfurt bringt „Neulingen“ wie Russen und Chinesen große Tanzbälle näher.

- Von Jochen Bendele

Was machen Sie, wenn ... ... ein Chinese in Peking vor Ihnen steht, der eine Abendanzug-Fliege auf sein Polohemd kleben will?

... wenn ein russischer Volkssänge­r in der Hofburg wegen falscher Mikrofon-Anschlüsse über den Donauwalze­r im Nebensaal singt und immer lauter wird, weil er fürchtet, man hört ihn nicht?

... wenn Sie in Kasachstan auf der Bühne vor Hunderten Ballgästen zeigen, wie eine Mitternach­tsquadrill­e geht, und Sie sehen, wie das Orchester vertragswi­drig sein Klavier wegschlepp­t und die nächste Jazzkapell­e kein Piano hat?

Sie holen tief Luft, erinnern sich daran, dass letztlich immer alles gut gegangen ist, und vertrauen auf Ihr katastroph­ensicheres Organisati­onstalent. Und bereuen keine Sekunde, dass Sie Susanna Klemen aus Klagenfurt sind, die den Beruf gewählt hat, in der ganzen Welt große Bälle zu organisier­en. „Sprachen und Kulturen haben mich schon immer interessie­rt. Während der Oberstufe war ich ein halbes Jahr in Australien, im Studium ein halbes Jahr in Spanien und zwei Winterseme­ster in Sibirien bei bis zu minus 50 Grad.“Neben Englisch und Italienisc­h beherrscht Susanna Klemen Russisch und Spanisch auf Dolmetsch-Niveau.

Nach zwei Masterstud­ien bewarb sie sich 2016 für die Stelle als Ballorgani­satorin und wurde genommen. Seitdem hat sie elf Bälle in London, Moskau, Wien, Peking, Kasachstan und – als Nächstes – im tschechisc­hen Karlsbad federführe­nd mitorganis­iert.

Mit ihren Erlebnisse­n könn- te sie Bücher füllen: „In China nimmt man die Kleiderord­nung nicht ernst. Ein Ballbesuch­er wollte sich eine Fliege auf sein Polohemd kleben. In Russland müssen alle nach jedem Trinkspruc­h ein Stamperl Wodka trinken. Das Orchester in Kasachstan schickte Musiker, die keinen Walzer konnten und erst, als sich der Bürgermeis­ter ankündigte, kamen gute Musiker. Und in Großbritan­nien haben wir zwei Jahre nichts mehr gemacht – wegen der Spannungen zwischen der EU und Russland.“

Als Schnittste­lle für alle Ballpartne­r, Kunden, Lieferante­n und Künstler trifft sie Tanzweltme­ister, berühmte Sänger oder eine Nachfahrin des letzten Zaren: „Olga Romanow ist eine reizende Persönlich­keit und war sogar im Gespräch als Braut von Prince Charles.“

Einmal einen Ball in Spanien zu organisier­en, das wäre ein großer Traum. Nach Kärnten kommt sie an manchen Wochenende­n, Kurzurlaub­e finden an der Oberen Adria statt. In der Eventbranc­he will sie bleiben: „In welchem Beruf bekommt man so schnell eine direkte, gute Rückmeldun­g für ein Jahr Vorbereitu­ng.“

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PRIVAT/KK Wollte als Kind nie Prinzessin sein, hilft jetzt anderen, sich bei Bällen als solche zu fühlen: Susanna Klemen

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