Mit harten Worten und diplomatischen Tricks
Der Karrierediplomat ist das Gesicht der Münchner Sicherheitskonferenz.
Wir haben es mit dem Phänomen des ordnungspolitischen Zerfalls zu tun“, beschreibt Wolfgang Ischinger die Lage der Welt, mit der sich die 55. Sicherheitskonferenz in München ab heute beschäftigen wird. Vieles davon hängt mit der US-Politik zusammen, sagt der 72-jährige Deutsche, der seit Jahren das Gesicht dieser bedeutendsten Zusammenkunft für Außen- und Sicherheitspolitik ist. Der INF-Vertrag wurde von Trump gekündigt, gleichzeitig bringt er das Iran-Abkommen zum Wackeln. Ischinger fühlt sich bestätigt, dass sein Werk noch lange nicht vollendet ist. Die Konferenz hat zwar noch keinen Konflikt gelöst, aber schon viele Gespräche in verfahrenen Situationen neu in Gang gebracht. Das liegt auch am Geschick des Karrierediplomaten.
Nach dem Jusstudium in Bonn, Genf und Harvard folgte der erste Job beim UN-Generalsekretär in New York 1973. Später stand er im Dienst des Auswärtigen Amtes, erst in Bonn, dann in Berlin. Vier Außenministern war er unterstellt, auch Hans-Dietrich Genscher. Der habe ihn gefordert, ihm aber auch „unglaublich viel“beigebracht. Joschka Fischer machte ihn zum Staatssekretär und belohnte den Schwaben aus Nürtingen mit Botschafterposten in Washington und London. 2008 übernahm Ischinger den Konferenzvorsitz.
So sehr Ischinger für sein diplomatisches Geschick gelobt wird, so direkt kann er in seiner Tonwahl sein. Nicht nur in München spricht er oft Tacheles mit den Mächtigen. In seinem Buch „Welt in Gefahr“malte er 2018 ein düsteres Bild von der Welt. Er hält es für notwendig. Denn nur so kommt ein Gespräch und darüber ein Prozess in Gang. Das beweist er Jahr für Jahr aufs Neue in München.
Ingo Hasewend