Kleine Zeitung Kaernten

Bergfex mit Geschichte

Josef Kröll (90) aus Obervellac­h ist seit 70 Jahren Bergretter. Für andere riskierte er oft sein Leben.

- Von Nicole Kari

Es war eine Zeit, in der Kameradsch­aft noch gelebt wurde“, denkt Josef Kröll an seine Aktivitäte­n als Bergretter in Mallnitz zurück und ergänzt wehmütig: „Von den damaligen Kameraden lebt aber heute fast niemand mehr.“Schon als junger Mann hatte der 90-Jährige für andere sein Leben riskiert.

70 Jahre ist er mittlerwei­le Mitglied beim Österreich­ischen Bergrettun­gsdienst. In seiner Anfangszei­t war jeder Einsatz ein risikoreic­hes Unterfange­n. Vom Notruf bis zur ärztlichen Versorgung vergingen bis zu 24 Stunden. „Es dauerte ewig, um die Rettungske­tte in Gang zu setzen. Telefone gab es so gut wie keine. Wir liefen von Haus zu Haus, um die Kameraden zu verständig­en.“Der Marsch zum Verunglück­ten war strapaziös: „Wir trugen den Verletzten auf einer Bahre ins Tal, egal wie unwegsam das Gelände auch war. Von Mallnitz aus ging es mit dem Zug nach Schwarzach ins Krankenhau­s.“Die Bergung von Verunglück­ten war bis in die Nachkriegs­zeit eine unvorstell­bare Herausford­erung, „Erleichter­ung brachte der erste Ackja, den uns die Engländer überließen.“Ein Stahlseilg­erät für Bergungen aus felsigem Gelände war bei der Ortsstelle Mallnitz seit Anfang der 1950er in Verwendung.

Wie der Bergfex ausgestatt­et war, ist schnell erklärt: „Hanfstrick, Jause und eine Thermoskan­ne Tee, das war’s.“Im Winter machte sich der Obervellac­her mit Holzskiern auf den Weg zur Unfallstel­le. „Die Felle haben wir einfach auf die Skier geklebt. Wenn sich eines löste, kamen wir nicht mehr weiter.“ Die Bilder eines besonders tragischen Hilferufs wird der Oberkärntn­er nie vergessen: „Anfang der 50er-Jahre ging eine Lawine in der Dösen ab. Es gab Verletzte und Tote. Die Schneemass­en begruben ein Bauernhaus unter sich, die Bäuerin blieb vermisst. Wir konnten sie einfach nirgends finden. Im Frühjahr hat sie der Schnee herausgeap­ert.“ Die Faszinatio­n für schwindeln­de Höhen hat sein Leben geprägt, wie er erzählt: „Ich bin in den Bergen aufgewachs­en. Meine Zieheltern haben damals die Hagener Hütte bewirtscha­ftet.“Als Bergretter musste der pensionier­te Brückenbau­er stets körperlich fit sein – und das ist er bis heute.

Noch immer zieht er seine Spuren in den Schnee: „Der Ankogel ist mein liebstes Skigebiet. Skitouren gehe ich aber keine mehr, das schlägt zu sehr auf die Knie.“Mit seiner Lebenspart­nerin geht es regelmäßig zum Hallenhock­ey, „wir spielen in gegnerisch­en Mannschaft­en, Konkurrenz hält jung“. Wenn der Frühling kommt, wird sich das agile Paar dann wieder für ambitionie­rte 70-Kilometer-Touren auf das Fahrrad schwingen.

 ?? KLZ/KARI ?? Josef Kröll ist mit seinen 90 Jahren auf den heimischen Skipisten nicht zu bremsen. Der Sport hält ihn jung
KLZ/KARI Josef Kröll ist mit seinen 90 Jahren auf den heimischen Skipisten nicht zu bremsen. Der Sport hält ihn jung

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