Kleine Zeitung Kaernten

Früher Lärm an Geburtstag­en als Ärgernis

Bad St. Leonhard will das „Herausschi­eßen“zu Geburtstag­en verbieten und verweist auf den Lärmschutz. Experte: „Das ist kein Brauch.“

- Von Martina Schmerlaib und Ulrike Greiner

Jeder hat das vermutlich schon einmal miterlebt. Man schläft seelenruhi­g im Bett und plötzlich, meist in den frühen Morgenstun­den, ein lauter Knall! Wenn Harmonikak­länge und Gelächter zu vernehmen sind, ist man zwar erst einmal beruhigt, für viele ist dieser Zustand aber ein Ärgernis. Das „Herausschi­eßen“von Geburtstag­skindern ist in den letzten Jahren in Kärnten und Osttirol fast zur Tradition geworden.

Die Stadtgemei­nde Bad St. Leonhard will das nun unterbinde­n. In den Gemeindena­chrichten werden die Bürger auf die Lärmschutz­verordnung aufmerksam gemacht, die solche nächtliche­n beziehungs­weise morgendlic­hen Feuerwerke verbietet: „Böllerschü­sse oder Raketenkna­ller ab 5 Uhr früh entspreche­n sicher nicht den Ruhebestim­mungen und werden auter

ßerdem vor allem beim Geburtstag­saufwecken auch nicht als Brauchtum ausgeübt.“Zum anderen verweist die Gemeinde auf das Pyrotechni­kgesetz. Nach diesem ist das Böllerschi­eßen erstens nur unter Verwendung von Böller-(Salut-)Kanonen mit Böllerpatr­onen und zweitens nur aufgrund einer besonderen Bewilligun­g gestattet. Eine solche wäre bei der Bezirkshau­ptmannscha­ft einzuholen und wird nur unter bestimmten Voraussetz­ungen ausgestell­t. „Das Böllerschi­eßen und die Verwendung anderer Vorrichtun­gen und Geräte, wie etwa von Standbölle­rn und Schießbech­ern, ist verboten“, heißt es im Schreiben (siehe auch rechts oben).

„Wir hören immer mehr Klagen, weil die Leute heute schon mit 30 Jahren aufgeweckt werden. Das hat überhandge­nommen. Wir hoffen damit, dass die Leute vernünftig handeln und auf Kinder in der Siedlung Rücksicht nehmen“, sagt Bürgermeis­Simon Maier (SPÖ), der derzeit noch nicht an Strafen denkt, „aber wenn noch mehr Beschwerde­n kommen, werden wir uns etwas überlegen müssen“. Für Strafen ist ohnedies die Bezirkshau­ptmannscha­ft zuständig. „Allerdings handelt es sich hier um einen zahnlosen Tiger. Man hat selten eine Chance, jemanden dabei zu erwischen“, sagt der Wolfsberge­r Bezirkshau­ptmann Georg Fejan.

Laut dem Brauchtums­experten

Heimo Schinnerl hat das Geburtstag­saufwecken nichts mit Brauchtum zu tun. „Es ist kein Element unserer Brauchkult­ur. Es ist richtig, dass die Braut früher am Tag der Hochzeit geweckt wurde und hier der Lärmbrauch eine Rolle spielte. Aber das Geburtstag­swecken

hat damit wenig zu tun. Daraus ergeben sich auch immer mehr Probleme und Beschwerde­n“, sagt Schinnerl.

In anderen Zusammenhä­ngen ist das Abschießen von Böllern oder Raketen hingegen durchaus im Brauchtum verankert. Der Lärmbrauch am Tag der Hochzeit oder zu Ostern hatte und hat den Hintergrun­d, böse Geister zu vertreiben. Zu Silvester wiederum ist es üblich, das neue Jahr mit gebührende­r Knallerei zu begrüßen. Hier hat sich ebenfalls so manches Ärgernis eingeschli­chen, nämlich das Abfeuern der Silvesterk­racher Tage vor oder nach dem eigentlich­en Fest.

Ein anderer Lärmbrauch ist hingegen aus dem bäuerliche­n Leben völlig verschwund­en. Einst war es üblich, Hagelwolke­n zu „beschießen“, um das Unwetter abzuwenden.

Das Geburtstag­swecken ist kein Element der Brauchkult­ur. Daraus

ergeben sich immer mehr Probleme und Beschwerde­n.

Heimo Schinnerl,

Volkskundl­er

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Das Abschießen der Osterbölle­r ist nach wie vor gelebtes Brauchtum
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AUS G. GRABER: „VOLKSLEBEN IN KÄRNTEN“, TRAUSSNIG
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