Früher Lärm an Geburtstagen als Ärgernis
Bad St. Leonhard will das „Herausschießen“zu Geburtstagen verbieten und verweist auf den Lärmschutz. Experte: „Das ist kein Brauch.“
Jeder hat das vermutlich schon einmal miterlebt. Man schläft seelenruhig im Bett und plötzlich, meist in den frühen Morgenstunden, ein lauter Knall! Wenn Harmonikaklänge und Gelächter zu vernehmen sind, ist man zwar erst einmal beruhigt, für viele ist dieser Zustand aber ein Ärgernis. Das „Herausschießen“von Geburtstagskindern ist in den letzten Jahren in Kärnten und Osttirol fast zur Tradition geworden.
Die Stadtgemeinde Bad St. Leonhard will das nun unterbinden. In den Gemeindenachrichten werden die Bürger auf die Lärmschutzverordnung aufmerksam gemacht, die solche nächtlichen beziehungsweise morgendlichen Feuerwerke verbietet: „Böllerschüsse oder Raketenknaller ab 5 Uhr früh entsprechen sicher nicht den Ruhebestimmungen und werden auter
ßerdem vor allem beim Geburtstagsaufwecken auch nicht als Brauchtum ausgeübt.“Zum anderen verweist die Gemeinde auf das Pyrotechnikgesetz. Nach diesem ist das Böllerschießen erstens nur unter Verwendung von Böller-(Salut-)Kanonen mit Böllerpatronen und zweitens nur aufgrund einer besonderen Bewilligung gestattet. Eine solche wäre bei der Bezirkshauptmannschaft einzuholen und wird nur unter bestimmten Voraussetzungen ausgestellt. „Das Böllerschießen und die Verwendung anderer Vorrichtungen und Geräte, wie etwa von Standböllern und Schießbechern, ist verboten“, heißt es im Schreiben (siehe auch rechts oben).
„Wir hören immer mehr Klagen, weil die Leute heute schon mit 30 Jahren aufgeweckt werden. Das hat überhandgenommen. Wir hoffen damit, dass die Leute vernünftig handeln und auf Kinder in der Siedlung Rücksicht nehmen“, sagt BürgermeisSimon Maier (SPÖ), der derzeit noch nicht an Strafen denkt, „aber wenn noch mehr Beschwerden kommen, werden wir uns etwas überlegen müssen“. Für Strafen ist ohnedies die Bezirkshauptmannschaft zuständig. „Allerdings handelt es sich hier um einen zahnlosen Tiger. Man hat selten eine Chance, jemanden dabei zu erwischen“, sagt der Wolfsberger Bezirkshauptmann Georg Fejan.
Laut dem Brauchtumsexperten
Heimo Schinnerl hat das Geburtstagsaufwecken nichts mit Brauchtum zu tun. „Es ist kein Element unserer Brauchkultur. Es ist richtig, dass die Braut früher am Tag der Hochzeit geweckt wurde und hier der Lärmbrauch eine Rolle spielte. Aber das Geburtstagswecken
hat damit wenig zu tun. Daraus ergeben sich auch immer mehr Probleme und Beschwerden“, sagt Schinnerl.
In anderen Zusammenhängen ist das Abschießen von Böllern oder Raketen hingegen durchaus im Brauchtum verankert. Der Lärmbrauch am Tag der Hochzeit oder zu Ostern hatte und hat den Hintergrund, böse Geister zu vertreiben. Zu Silvester wiederum ist es üblich, das neue Jahr mit gebührender Knallerei zu begrüßen. Hier hat sich ebenfalls so manches Ärgernis eingeschlichen, nämlich das Abfeuern der Silvesterkracher Tage vor oder nach dem eigentlichen Fest.
Ein anderer Lärmbrauch ist hingegen aus dem bäuerlichen Leben völlig verschwunden. Einst war es üblich, Hagelwolken zu „beschießen“, um das Unwetter abzuwenden.
Das Geburtstagswecken ist kein Element der Brauchkultur. Daraus
ergeben sich immer mehr Probleme und Beschwerden.
Heimo Schinnerl,
Volkskundler