Kleine Zeitung Kaernten

Das schlechte Gewissen im Handgepäck

Obwohl so gut wie jeder Urlaub der Umwelt schadet, packen wir immer öfter unsere Koffer. Wie man die Welt nachhaltig­er bereisen kann.

- Von Karin Riess

Ein paar freie Tage, ein unschlagba­res Schnäppche­n, ein paar Klicks – noch nie ist aus dem verlängert­en Wochenende so schnell und so günstig ein spontaner Städtetrip geworden wie heute. Während Begriffe wie „Flugscham“und „Overtouris­m“grassieren, wird global so viel gereist wie noch nie. Von akuten Symptomen ist in der Reisebranc­he aber kaum etwas zu merken: „Wir sehen das in der Praxis und in der Nachfrage wesentlich weniger stark, als es in der medialen Diskussion erscheint“, sagt Gregor Kadanka, Fachverban­dsobmann der österreich­ischen Reisebüros.

Ein Ergebnis, zu dem auch Leonard Röser, Absolvent der Umweltsyst­emwissensc­haften an der Uni Graz, in seiner Masterarbe­it gelangt ist, in der er untersucht hat, wie es 18- bis 35-Jährige mit dem nachhaltig­en Reisen halten. Die ernüchtern­de Erkenntnis: Nur zwei Prozent der Befragten aus Ös

terreich und Deutschlan­d nehmen im Urlaub auf die Umwelt Rücksicht. Der gebürtige Deutsche führt das auf ein gelerntes Selbstvers­tändnis zurück: „Es ist eine Generation, die gelernt hat, dass man die Welt sehen kann, ohne reich zu sein.“

Denn das gleiche Urlaubsbud­get, das uns bis vor nicht allzu langer Zeit noch an Europas Küsten beförderte, trägt uns heute mit Schnäppche­ntarifen auf einen anderen Kontinent oder auf einer Kreuzfahrt über die Weltmeere.

Tropenhitz­e in die Klimadebat­te bringt auch der anhaltende Trend, statt einen langen Urlaub pro Jahr zu machen, gleich mehrmals in die Ferne zu reisen – auch befeuert durch die Billigtick­ets von Diskontair­lines. „Wir können keine Fortschrit­te beim Klimaschut­z erzielen, wenn der Flugverkeh­r weiterhin so wahnsinnig expandiert“, sagt der deutsche Umweltwiss­enschaftle­r Michael Kopatz. Dafür brauche es Regelungen durch die Politik: Zum Beispiel dürfte sie keine zusätzlich­en Start- und Landegeneh­migungen vergeben. „Es geht beim Klimaschut­z ganz oft darum, es besser zu lassen, als es besser zu machen“, sagt Kopatz.

Vom Weltbürger zum Stubenhock­er zu werden, sei aber keine Grundbedin­gung für einen verantwort­ungsvollen Umgang mit Ressourcen. „Die Menschen wollen und werden reisen

– das ist die Realität“, sagt Röser. „Wichtig ist, dass man ein Bewusstsei­n dafür entwickelt, dass es eine Belastung für den Planeten ist, und danach handelt.“Ein Umdenken hin zu nachhaltig­erem Reisen und auch den Verzicht auf so manchen Urlaub im Ausland könne man nicht verordnen.

Die Reise zum guten Gewissen fängt bei jedem selbst an.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria